Ein Unwetter, ein wichtiger Geschäftstermin und eine kaputte Beziehung: Das ist die Ausgangssituation der berührenden Liebesgeschichte unseres anonymen Autors. Sie beweist, dass es im Leben häufig ganz anders kommt, als man anfangs vermutet
Montagnachmittag, irgendwo in Deutschland. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt oder Brandenburg, ich weiß es nicht, die Landschaften unterschieden sich nicht. Flaches Land, ein paar Dörfer oder Städte, auf den Feldern eine Schneedecke. Ich saß im Zug nach Berlin, hatte dort einen wichtigen Geschäftstermin. Es ging um einen Abschluss, der auf Messers Schneide stand. Die Konkurrenz war noch im Spiel. Es würde mich noch einige Überzeugungskunst kosten, den Auftrag an Land zu ziehen. Ich war nervös, starrte auf das Display meines Laptops, versuchte die Zahlen und Grafiken in mich aufzusaugen, die ein Argument für unsere Firma darstellen sollten. Ein, zwei Stunden noch bis Berlin Hauptbahnhof. Dann rein ins Taxi und ab nach Süden. 18 Uhr, ein unmöglicher Termin.
Draußen schneite es inzwischen stark, als der Zug plötzlich langsamer fuhr, immer langsamer, bis er auf freier Strecke stehenblieb. Stille. Nur eine Gruppe Jugendlicher gröhlte von der anderen Seite des Wagons her. Draußen tobte inzwischen ein Sturm und wirbelte den Schnee auf. Man konnte kaum noch weiter als ein paar Meter sehen. Der Akku meines Laptops machte schlapp, ich stellte fest, dass ich das Netzteil vergessen hatte. Fünf Minuten geschah gar nichts, außer dass mein Puls noch weiter raufging. Zehn Minuten. Keine Ansage. Doch irgendwann fuhren wir im Schneckentempo weiter, bis zum nächsten Bahnhof, dem einer kleinen Stadt irgendwo im Nichts. Es gab die Durchsage, dass aufgrund des Unwetters eine Weiterfahrt unmöglich sei. Umgestürzte Bäume auf der Strecke. Bitte um Geduld. Warten. Abwarten, wie sich die Wetterlage entwickle, ob die Strecke geräumt werden könne.
Ich tobte innerlich, sah mich um. Der Termin. Zwei Stunden. Kaum zu schaffen. Vielleicht mit einem Taxi oder Mietwagen. Vielleicht auch nicht. Ich rief meinen Chef an, Krisengespräch ohne Optionen. Es verging noch etwas Zeit. Ich versuchte den potenziellen Kunden zu erreichen, bekam ihn aber nicht ans Telefon. Der Schaffner konnte mir auch keine Auskunft zur Weiterfahrt geben. Vielleicht würde ja bald ein Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet. Ein gebrauchter Tag. Ich verließ den Zug mit meinem leichten Gepäck und durchquerte das kleine Bahnhofsgebäude. Es gab da ein Zeitschriftengeschäft, ich blätterte in einigen Illustrierten, selbst sei der Mann, wie man ein Steak richtig brate, wie man eine Angel zusammenbaue; fand ich nicht weiter spannend. Da sprach mich eine Frau an, brünettes Haar, modische Brille mit dicken Rändern. Ob ich auch nach Berlin wolle, ich nickte geknickt. Geschäftlich, fügte ich hinzu. Wir kamen ins Gespräch. Sie sei auf dem Weg zu ihrem Freund, der in Berlin studiere. Ich fand sie sympathisch.