Ist es zu spät zu hoffen, dass du mir verzeihen kannst?

Unsere anonyme Autorin weiß nicht mehr, wie es sich anfühlt, bedingungslos geliebt zu werden. Weil sie die letzten Jahre so bescheuert war und sich in einen vergebenen Mann verlieben musste, der ihr gar nichts gegeben hat. Dafür hat sie den Mann, der sich aufrichtig um sie bemühte, weggestoßen. Bekommt sie noch eine neue Chance? 

Du warst auf einmal da, ohne dass ich wusste, was geschieht. Ich dachte mir: “Wie schön, dass jemand ins Haus zieht, der so alt ist wie ich und sympathisch noch dazu.” Du warst einer von den Männern, die ich sofort in die Kumpel-Schublade gesteckt habe. Das ist jetzt über eineinhalb Jahre her. Wir freundeten uns an, verbrachten hin und wieder Zeit zusammen. Es war offensichtlich, dass wir uns gut verstehen und stundenlang über Gott und die Welt philosophieren konnten. Die zusammen verbrachte Zeit häufte sich, die Gespräche wurden intensiver. Aber du warst immer nur ein guter Freund für mich. Denn ich hatte immer noch emotional mit meiner Ex-Affäre zu kämpfen. Nicht, dass das noch aktuell war, aber ich hatte immer noch Gefühle für ihn, die nicht da sein sollten. Dieser Mensch hatte mich innerlich zerstört und mich in etwas flüchten lassen. Nur um die Leere zu füllen, die der Verlust eines Menschen gerissen hat, der mir nahe stand wie kein anderer. So viel zu meiner Erkenntnis heute.

Mit dir war es anders. Nicht nur du hast mir gut getan, sondern ich auch dir, wie du mir später gerne erzählt hast. Du hast deine Vergangenheit aufgearbeitet, dich immer weiter entwickelt, bist nicht mehr so chaotisch und bist zu einem besseren Menschen geworden. Auch ich habe das gesehen und mich hat deine Entwicklung hocherfreut. Zu sehen, wie du dein Leben in die Hand genommen hast, war unglaublich beeindruckend. Zu hören, dass ich dir aufgeholfen habe, schmeichelte mir natürlich. Wir ergänzten uns gut.

Dann kam dieser Abend, der alles veränderte, ohne dass ich auch nur ansatzweise daran gedacht habe oder damit im Entferntesten gerechnet hätte. Über ein Jahr nach deinem Einzug: Wir saßen mal wieder zusammen auf meiner Couch, ein Glas Wein in der Hand, welches nicht das erste an diesem Abend war. Ich sah dich in meinem Zuhause-Look völlig ungeschminkt an und du mich. Stille. Dann hast du mich geküsst. Und ich war noch Wochen danach verwirrt, erinnerte mich aber gerne an dieses Gefühl der Wärme zurück. Ich habe mich immer wieder dabei erwischt, dass ich lächeln musste, sobald ich daran zurückdachte. Doch hier fingen auch gleichzeitig die Probleme an.


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