Iss doch weniger!

Ist es okay, der Partnerin zu sagen, sie solle weniger essen und sich anders kleiden? Unsere anonyme beziehungsweise-Leserin hat eine klare Haltung dazu.

Welche Ansprüche an den Partner sind legitim? Darf man Kleidungsstil oder Gewicht kritisieren und daraus Forderungen an den anderen ableiten? Unsere anonyme beziehungsweise-Leserin sagt: Nein, das ist nicht okay!

Achte auf deine Figur!

Am ersten Weihnachtsfeiertag empfahl mir mein Freund beim Familienessen mit Braten, Kuchen und Süßigkeiten doch lieber aufzupassen. Schließlich sei es wichtig, auf die Figur zu achten. Er selbst habe in letzter Zeit durch den Arbeitsstress glücklicherweise ein wenig abgenommen und fühle sich damit wohl.

Dies ist nicht der erste Ernährungstipp meines Freundes. Regelmäßig zeigt er sich darüber erstaunt, dass ich zum Abendessen schon wieder Hunger habe, auch wenn ich erst mittags eine warme Mahlzeit hatte. Oder er rät mir im Restaurant ungefragt dazu, meinen Teller nicht aufzuessen.

Tatsächlich trage ich Kleidergröße S und verbringe auch den Großteil meines Alltags nicht Junkfood essend vor dem Fernseher. Ebenso wie mein Freund habe ich eindeutig Normalgewicht und vielleicht keine „perfekte“, aber eine gesunde Figur. Deswegen sehe ich keinen von uns beiden in der Position den Körper und Ernährungsstil des anderen zu kritisieren. Sicherlich sollte man in einer Beziehung ansprechen können, wenn der Partner deutlich an Gewicht zulegt oder so stark abnimmt, dass dies ein gesundheitliches Risiko darstellt. Über leichte Gewichtsschwankungen bzw. ein paar Feiertagspfunde kann man meiner Meinung nach hingegen liebevoll hinwegsehen.

Ich habe mir meine Figur und mein Gewicht hart erkämpft

Mein Freund meinte, dass meine Emotionalität beim Thema Ernährung nur zeige, dass er einen wunden Punkt getroffen habe und mir ein paar Kilos weniger nicht schaden würden. Tatsächlich bin ich bei der Thematik sehr verletzlich, denn in meiner Jugend hatte ich stark mit meiner Figur zu kämpfen. Damals fühlte ich mich aufgrund meines Körpergewichts so verunsichert, dass ich mich sozial stark isolierte, mich kaum traute in der Öffentlichkeit zu essen, es vermied Kleidung einzukaufen und den Schwimmunterricht irgendwann einfach schwänzte.

Die wenigen Fotos aus dieser Zeit retuschierte ich nahezu bis zur Unkenntlichkeit. Nach meinem Abitur habe ich gut 10 Kilo abgenommen. Mein Freund hat mich nie übergewichtig kennengelernt und ich bin mir sicher, dass er dann auch keinerlei Interesse an mir gezeigt hätte. Schließlich hat er mir immer wieder verdeutlicht, dass eine übergewichtige Frau für ihn unansehnlich und disziplinlos ist.


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