Ich wünschte mir beim Abschied, wir würden uns wiedersehen

Sie trug ihre Narben offen, die ganze Welt konnte tausend Narben sehen und na ja, wir anderen haben genauso viele Narben, tragen sie aber in uns, damit keiner sie wieder aufreißen kann. Beim Abschied merkte ich, wie gut sie riecht. Nicht nach Parfum oder Weichspüler, ganz einzigartig. Ihr Geruch verfolgte mich den ganzen Tag und die ganze Nacht und ich musste es ihr einfach sagen.

Am Sonntagabend schrieben wir immer noch und entschieden, uns nochmals zu sehen. Ich ging rüber. Als sie die Tür aufmachte, bemerkte ich eine Mischung aus ihrem Geruch mit Gras, Tabak und Alkohol. Ihre Wohnung war schön eingerichtet, warm und bequem. Klein, aber sie hatte das Beste daraus gemacht und es fühlte sich wie ein Heim an. Meine Wohnung dagegen ist kalt und emotionslos, bis auf die Kerzen im Schlafzimmer ist alles dunkel.

Der erste Kuss schmeckte nach Zahnpasta und Tabak

Sie stellte mich ihren Freunden vor und wir saßen zu viert da, stundenlang. Wir näherten uns, sie kuschelte sich an mich und wir beide wollten einfach nur miteinander alleine sie. Nach einigen Stunden waren wir es auch, wir umarmten uns und es fühlte sich alles so echt an. Sie putzte ihre Zähne und wir lagen erstmal auf dem Sofa. Wir kuschelten.

Nicht lange, bis wir dann zusammen ins Schlafzimmer gingen. Wir kuschelten weiter und irgendwann küssten wir uns. Ihre Lippen waren kalt, aber weich. Der Geschmack von Tabak mit Zahnpasta störte mich nicht, ganz im Gegenteil, so habe ich mir immer den perfekten Kuss vorgestellt. Nicht lange, bis wir uns anpassten und langsam weitergingen.

Wir stammen beide aus ähnlichen Verhältnissen, Drogenfamilien und nicht besonders viel Geld, doch an diesem Abend hatten wir uns. Wir hatten uns, nicht besonders viel Schlaf, kein Geld, doch trotzdem waren wir zufrieden.

Am nächsten Tag wünschte ich mir beim Abschied, wir würden uns nochmal sehen, aber wir beide wussten, dass das nicht passieren würde.

Anmerkung der Redaktion:

Falls Sie daran denken, Selbstmord begehen zu wollen oder wenn Sie einen Menschen kennen, bei dem Sie Suizidgedanken vermuten, sollten Sie Hilfe holen. Es gibt viele Möglichkeiten, um mit professioneller Hilfe eine scheinbar ausweglose Situation zu beleuchten und zu lösen – bei Bedarf auch anonym. Wenden können Sie sich zum Beispiel an niedergelassene Psychiater und Psychotherapeuten, Psychologen, Institutsambulanzen, den Hausarzt, die Telefonseelsorge oder andere Notrufeinrichtungen, Beratungsstellen und spezielle Einrichtungen für Suizidgefährdete, Seelsorger. Rufen Sie in einem Notfall immer den Rettungsdienst (112) und teilen Sie ihm mit, dass die betroffene Person selbstmordgefährdet ist! Die Telefonseelsorge steht Ihnen anonym und kostenlos rund um die Uhr zur Verfügung: 0800 – 111 0 111 und 0800 – 111 0 222

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