Wir hatten bis zu diesem Zeitpunkt noch nie ernsthaft über das Thema Familiengründung gesprochen. Ich konnte mir Kinder durchaus vorstellen, komme selbst aus einer kinderreichen Familie, aber wir hatten ja noch Zeit, du Anfang dreißig, ich wenig älter; wir machten beide Karriere. Uns fehlte momentan nichts, glaubte ich. Ich fragte dich, sehr grundsätzlich, warum du Kinder wolltest. „Das gehört zum Leben dazu“, sagtest du, „ich möchte das einfach, alle um mich herum denken auch so.“ Du meintest in diesem Gespräch irgendwann, ich hätte Angst vor der Verantwortung. Ich fragte ironisch: „Und wann gedenkst du, die Kinder zu bekommen?“ Du: „Sehr bald. Drei, vier Jahre Abstand zwischen ihnen wären ideal, einen Jungen und ein Mädchen.“ Ich: „Hast du schon einen Zuchthengst für dein Projekt akquiriert?“ Du zogst deinen Mantel an und verließt ohne ein weiteres Wort die Wohnung.
Zwei Kinder – sehr bald. Und dann noch Eigentum … 120 Quadratmeter plus, gute Lage – bei dir ein Codewort für: sehr gute Lage. Es ging uns finanziell sehr gut, aber es hätte uns an den Rand des Machbaren gebracht, zumal ich der Firma wegen noch einige Kredite abzuzahlen hatte und regelmäßig Investitionen notwendig waren. Und wie sollte das gehen, mit unseren Karrieren? Ich persönlich halte auch nicht viel davon, Kinder schon früh den ganzen Tag in Krippen oder bei Leihmüttern abzugeben.
Ich konnte deine Pläne verstehen, ich hatte sogar ähnliche Träume, aber es hätte unter anderem auch bedeutet, dass die nächsten zwanzig, fünfundzwanzig Jahre alles weiterhin hätte perfekt laufen müssen, nicht zuletzt unsere beruflichen Tätigkeiten. Ich legte meine Bedenken offen und wir stritten uns, stritten uns in den Tagen und Wochen danach regelmäßig. Es wurde zu unserem gemeinsamen Hobby. Ich: „Lass uns mit der Wohnung ein wenig realistischer planen und lass uns Kinder nicht als Erfüllung eines Plans bekommen.“ Du: „Du bist ein Mann ohne Visionen. Und wenn jemand Kinder bekommt, dann ja wohl ich.“
Manchmal schäumtest du vor Wut, wie ein kleines Kind, das wild geworden mit dem Fuß aufstampft. Vielleicht wäre es für mich emotional leichter gewesen, wenn ich dich in diesen Trotzphasen tatsächlich wie ein Kleinkind gesehen hätte, das laut „Ich will das aber!“ schreit. Aber ich sah in dir nur die erwachsene, ehrgeizige, starke Frau, vor der ich langsam Angst bekam.