Ich will nicht dein Zuchthengst und Versorger sein

In dieser Zeit lernten wir uns kennen. Ich gebe zu, ich verliebte mich auch in deinen Elan und Ehrgeiz. Beide zeigten mir, welche Energie und Kraft in dir steckten. Du warst und bist eine starke Frau – daran habe ich keine Zweifel. Ich hatte einige Monate zuvor eine kleine Beratungsfirma gegründet, vier Angestellte, familiäre Atmosphäre, die nun so langsam ins Rollen kam. Angesteckt von dir trieb ich auch meine Firma in zuvor nicht erwartete Höhen, dafür bin ich dir dankbar. Kurz, wir waren ein beruflich enorm ambitioniertes, erfolgreiches, aber auch extrem eingespanntes Paar, das trotzdem die freie Zeit, die ihm blieb, in vollen Zügen auskostete. Und irgendwie liebten wir uns, auch wenn unsere Form der Liebe keine solche war, wie man sie in Filmen vorgeführt bekommt: voller Hingabe bis zur Selbstaufgabe, voller Opfer, voller Leidenschaft und mit der unausgesprochenen Regel, dass diese Liebe das Wichtigste, Allerallerwichtigste auf der Erde ist. Nein, so war das bei uns nicht, das hätte aber auch nicht zu uns gepasst.

Solange ich in dein Lebenskonzept passte, war alles okay, lief unsere Beziehung gut. Ich funktionierte für dich, ohne es zu merken. In einer gewissen Weise waren wir kompatibel. Ich war kompatibel mit deiner Vorstellung eines erstrebenswerten Lebens. Und ich? Ich gebe zu, ich schmückte mich mit dir, war stolz auf dich, war froh, eine Frau gefunden zu haben, um die ich mich nicht alle Minute kümmern musste – ich kannte das aus einer früheren Beziehung –, die nicht aus Zucker war und klare Vorstellungen hatte. Ich mag das, vielleicht, weil es mir die Freiheit und die Sorglosigkeit gibt, neben der Beziehung auch mein eigenes Ding durchzuziehen. Aber ich kann da nur für mich selber sprechen.

Und dann wollten wir also zusammenziehen. Jackpot! Ich träumte von einer Wohnung mit einer hellen, offenen Küche, einem geräumigen Balkon, vielleicht ja einer kleinen Terrasse, ein XXL-Bett, ein paar schöne Möbel. Ein Arbeitszimmer brauchten wir beide nicht, aber vielleicht würden wir ja eines Tages ein Kind haben. Das stand alles noch in den Sternen, dachte ich. Drei Zimmer also, auch wenn wir uns mehr hätten leisten können. Aber ich bevorzugte die Idee, etwas zur Seite zu legen, damit wir später unser Arbeitspensum reduzieren und unser gemeinsames Leben genießen könnten. Aber dir reichte das nicht. Du sprachst gleich von Eigentum, 120 Quadratmeter aufwärts, gute Lage, vier Zimmer. Begehbarer Kleiderschrank, zwei Bäder und noch einige Extras mehr. Du hieltst mir eine Liste hin, warst offenbar gut vorbereitet auf diesen Moment. „Vier Zimmer?“, fragte ich. „Warum genau vier?“ „Weil ich mal zwei Kinder haben werde.“


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