Ich war zu allem bereit. Du leider nicht…

In der Reha traf unsere anonyme beziehungsweise-Leserin einen Mann, der sie umwarf und ihre Gefühlswelt völlig durcheinanderbrachte. Aber kann aus einer Begegnung unter diesen Umständen mehr werden?

Ich hatte das Gefühl, er wartete nur auf ein Zeichen von mir. Mein Herz schlug mir bis in die Ohren, langsam hob ich den Zeigefinger und gab ihm unmissverständlich zu verstehen, zu mir zu kommen. Blitzartig stand er auf, ohne seine Blicke von mir zu nehmen, kam langsam auf mich zu. Ich kam mir vor, wie eine große Raubkatze auf Beutejagd. Er stellte sich direkt gegenüber mit verschränkten Armen, er war so nah, dass ich seinen Atem an meinen Wangen fühlte, Hitze kroch in mir hoch und mein Unterleib verkrampfte, leicht hysterisch hörte ich meine Stimme, die mich versuchte zu beruhigen. Netter Versuch! Er war gute 1,90 m und ich kratzte an der 1,60 m-Marke. So nah, er sah umwerfend aus, dunkle kurze Haare, fast hätte ich einfach reingegriffen. Ahhhh!

Ich musste meinen Kopf ganz schön nach hinten legen, dann hörte ich mich sagen: „Damenwahl.“ Ich öffnete mein Arme und machte einen Knicks, dabei sah ich ihn herausfordern an. Himmel Arsch und Zwirn, er stand einfach da und scannte mich wieder ab, während ich aufhörte zu atmen. Er legte wieder seinen Kopf in den Nacken machte einen Schritt auf mich zu und lachte laut, während er mich an sich zog. Ich fühlte seinen muskulösen Körper und fühlte auch sein Zittern. Er fühlte, dass ich es fühlte, es war kein Flirt. Irgendetwas war es, aber kein Flirt. Es ging uns beiden tief unter die Haut. Wir beendeten den Tanz und er sagte mir aus dem Nichts: “Ich bin verheiratet.” Dabei sah er mir tief und ernst in die Augen. Seine rechte Hand drückte meine und ich sah seinen Ring. Ich fühlte diese Bedeutung.

Wir wussten, dass wir keine Chance hatten

“Ich bin auch verheiratet”, sagte ich und schaute ihn verloren an. Es war bedrückend, wir wussten, dass wir keine Chance hatten. Die Musik hatte aufgehört zu spielen, aber er ließ mich nicht los und ich machte keine Anstalten auch nur einen Millimeter von ihm abzurücken. “Ich muss gehen”, sagte er und dabei atmete er tief aus, ich nickte und sagte: “Bis Dienstag zum Singen!” Nur um den Anschein von „Normalität“ zu wahren. Er drehte sich um und schaute mich an, irgendwie war er verzweifelt. “Nein”, sagte er, “das ist mein Abreisetag!” Er blickte mich schuldbewusst an und zuckte mit den Achseln. 

Ich merkte, wie es ganz kalt um mein Herz wurde und meine Augen wurden glasig, er konnte mich kaum anschauen, es war so tief und so ernst. Aus einem „Gehen“ wurde ein Abschied. Ich drückte ihn noch ein letztes Mal. “Du wirst mir fehlen”, sagte ich und rang um meine Sinne. Ich umarmte ihn und meine Hände schlangen sich nun doch um seinen Hals, leicht kraulte ich seinen Haaransatz, dann stoppten mich seine großen Hände, er atmete schwer in meine Haare und drückte mich, meine Lippen berühren seinen Hals ohne das ich ihn küsste. Er nahm meine Hände und berührte sanft meine Handinnenflächen.

Hätte er mich gebeten in sein Zimmer zu kommen, ich hätte es getan. Ich hätte alles getan um bei ihm zu sein. Mir wurde klar, dass ich ohne diesen Menschen nicht mehr leben konnte/wollte, einen Menschen den ich erst seit 4 Tagen kannte. Das ist absurd, lächerlich, naiv, dumm und noch so vieles mehr – und doch ist es Liebe.


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