In einem Moment gelang ihm, was meiner Familie und meinem Mann nicht gelungen war
Ich floh aus dem Raum, raste in den Fahrstuhl und schmiss mich aufs Bett sobald ich im Zimmer war. Mein Verstand verbot mir an ihn zu denken, doch mein Körper und Geist plapperten nur so auf mich ein. Chaos auf ganzer Linie. Erst einmal Bestandsaufnahme machen, dachte ich, ich zog mich nackt aus und sah prüfend in den Spiegel. Ich erkannte tief in der grauen Maus einen kleinen Paradiesvogel, die Person im Spiegel lächelte mich mit rosigen Wangen an, die Verwandlung hatte begonnen. Am nächsten Tag fuhr ich ins Dorf und kaufte mir erst mal das Nötigste: Abdeckstift, Puder, Rouge. Eine Hose bekam ich leider nicht, aber aus einem Second Hand Laden holte ich mich mir ein buntes Shirt.
Ich war besessen, besessen diesen Mann zu beeindrucken, komme was wolle. Die Direktion der Reha beschloss in diesem Jahr das erste Mal Karneval zu feiern. Ich hatte noch nichts zum Anziehen, also blieb mir nichts anderes übrig als meine Jogginghose und mein neues Shirt anzuziehen – peinlich, egal war ja Fasching, wie es dort heißt. Zumindest hatte ich meine Kosmetik und ein Farbspray, ich konnte dieses Grau nicht mehr sehen. Nicht an mir und nicht in meinen Haaren.
Fasching in der Reha: Helau!
Es war bereits nach 22 Uhr und meine Mitbewohnerin zog mich auf die Tanzfläche, der DJ spielte nun einen 80er Jahre Hit nach dem anderen, mit meinen 46 Jahren genau das Richtige. Ich tanzte mir die Seele aus dem Leib als wäre ich 16, mir doch egal, ob der Typ kam oder nicht. Das dachte ich jedenfalls solange bis er auch auf der Tanzfläche war. Auch er schien ein Kind der 80er Jahre Musik zu sein. Da war er nun, ich glotzte nur und merkte nicht, dass ich nicht mehr tanzte, ich hörte nur noch das Rauschen im Ohr und das kam nicht von der Musik. Er tanzte super, aber immer nur mit anderen Frauen, mich forderte niemand auf, vielleicht lag es ja doch an meinem Outfit?
Die Blicke wurden über die Zeit noch intensiver und es gab kein Zweifel, Er hatte auch etwas gefühlt. Mal schüchtern, mal herausfordernd umkreisten wir uns den ganzen Abend. Während er mit anderen Damen tanzte, schaute er immer wieder zu mir, ich antwortete mit meinem Körper, sinnlich und aufreizend gab ich ihm zu verstehen: „Das kann dir gehören!“ Ich bewegte mich sinnlich, am Ende war mir klar, dass ich ihn heute noch berühren musste, mein Körper verzehrte sich nach ihm. Es war schon weit nach 23 Uhr und viel Zeit würde nicht mehr bleiben, also schaute ich mich mal wieder nach ihm um, er saß in einer Ecke voll mit Mädels die ihn anhimmelten, ich musste unweigerlich lächeln, er blickte mich an, ernst und sinnlich.