Ich schlafe zu viel, nur um im Traum noch bei dir zu sein

Er ging und ließ sie im Glauben, alles wäre wie immer. Hätte sie nur geahnt, dass dieser Abend, diese Nacht, die letzte sei. Unsere anonyme Autorin nimmt Abschied und findet endlich die Worte, die ihr damals fehlten

Eine kurze Ewigkeit verging, als wir uns das letzte Mal sahen, zumindest für mich. Es war der Geburtstag meines Vaters, als du zu mir kamst. Davor gab es eine kleine Auseinandersetzung zwischen uns, Belangloses eigentlich, nicht der Rede wert. Es herrschte ein wenig Unwohlsein zwischen uns, unausgesprochene Worte, die an uns nagten, aber keiner lies es sich anmerken. Als wir alleine waren, nahm es den Lauf, den es immer nahm. Es war schön, es war bereits vertraut und alles andere als langweilig. Du hast mir tief in die Augen gesehen, ich hatte für einen kurzen Moment das Gefühl, ich müsste dir sagen, wie sehr ich mich in dich verliebt habe, aber ich blieb still. Ich hatte ein wahnsinniges Verlangen danach, dir zu sagen wie es in mir aussah, trotzdem blieb ich still. Du bliebst still, obwohl deine Augen etwas anderes sagten, du hättest reden können, aber du bist still geblieben.

Hätte ich geahnt, dass dieser Abend, diese Nacht, die letzte sei, hätte ich sie viel mehr genossen, dich intensiver gespürt und mehr geküsst, am liebsten gar nicht geschlafen um keine Sekunde ohne dich zu verbringen, ich hätte dir beim Schlafen zugesehen und mir gewünscht du würdest nie fort gehen. Vor allem aber wäre ich nicht still geblieben, ich hätte es einfach getan, ohne Angst vor deiner Reaktion, ohne Angst vor Ablehnung, obwohl dies das Letzte gewesen wäre, an das ich in dem Moment gedacht hätte.

Es gab natürlich einen Kuss zum Abschied, obwohl, eher ein paar kurze, kleine Küsse, nichts besonderes, normal eben, es war eingespielt. Du gingst, ohne dich umzudrehen, als hättest du gewusst, dass du mich nicht mehr wiedersehen willst, als würdest du nicht zurückblicken wollen, nur aus Angst, du könntest dich anders entscheiden. Du gingst in dem Glauben, das sei nun das Ende aller Zeit, die wir erlebt haben, als würdest du es nicht bereuen und als würdest du es nie vermissen. Ohne zu wissen, dass ich dich nicht mehr sehen werden, ohne zu wissen, ich würde dich nie wieder in den Arm nehmen können. Ohne zu wissen, dass es für dich bereits vorbei war. Du gingst und hast mich im Glauben gelassen, es wäre alles wie immer. Ohne einen einzigen Gedanken daran, dass es vielleicht gerade der letzte Kuss gewesen war, den du mir gabst. Ich sah noch zu, wie du weg fuhrst, dann legte ich mich wieder in mein Bett und schlief seelenruhig und in Gedanken bei dir ein.


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