Ich schäme mich so sehr

Unsere Leserin lernte im Urlaub einen sehr attraktiven Mann kennen. Sie glaubte, er hätte Gefallen an ihr gefunden, doch dann geschah etwas, für das ihr noch immer die Worte fehlen

Ich lernte ihn während meines Jahresurlaubs an der Ostsee kennen, im Frühstückssaal unseres Hotels. Eine Freundin war kurzfristig erkrankt und so war ich alleine gefahren. Er war groß, mit breitem Kreuz und riesigen Händen. Einer dieser Männer, die Raum einnehmen, ohne etwas dafür tun zu müssen. Reine Präsenz. Ich konnte gar nicht anders, als ihn zu beachten. Er nahm zwar viel Raum ein, aber er schien alleine zu sein. Keine Frau an seiner Seite.

Er grüßte mich und die anderen Gäste, einige Rentnerpärchen, und suchte sich seelenruhig einen Tisch am Fenster. Über die Straße und einen schmalen Grünstreifen hinweg blickte man auf den Strand und die Ostsee. Die Sonne schien, ich hatte nur noch diesen und den nächsten Tag, um mich zu erholen. Dann ginge es für mich wieder zurück in die Stadt und ins Büro. Ich wollte nicht, dass dieser Urlaub endet, auch wenn ich mich manchmal etwas allein gefühlt hatte.

Wir frühstückten, jeder an seinem Platz. Wenn ich mich heute zurückerinnere – diese Begegnung liegt nun schon ein paar Jahre zurück –, kann ich mich gar nicht mehr genau daran erinnern, wie wir auf einmal miteinander ins Gespräch kamen. Aber da sind noch ein paar Bilder in meinem Gedächtnis, wie ich mit ihm zusammen später bei der Rezeption stehe und wir gemeinsam Flyer anschauen. Flyer für Bootstouren und andere Freizeitaktivitäten in der Region.

Wir verbrachten den Tag zusammen am Strand, picknickten, badeten, sonnten uns und redeten über Dinge, die mir entfallen sind. Ich mochte ihn, seine Anwesenheit, seine Art, optisch, was er sagte, wie er sich gab. Es fühlte sich smooth an, obwohl wir uns kaum kannten. Er war wohl Ingenieur oder irgend sowas. Die Sonne brutzelte mein Hirn. Ich gab mich einfach dem Moment hin. Ich rechnete mit nichts, ich rechnete überhaupt nicht.

Am Abend verabredeten wir uns zum gemeinsamen Dinner. Es gab nicht viel Auswahl im kleinen Örtchen, weshalb wir uns einfach für den Italiener entschieden. Es war noch immer warm und mit jedem Wein wurde uns wärmer. Zur Zeit der Dämmerung gingen wir am Strand spazieren. Ich streckte meine Hand leicht aus, damit er sie nehmen konnte. Stattdessen war er plötzlich über mir. Es ging alles so rasend schnell, dass ich kaum etwas fühlte und kaum etwas dachte. Er küsste mich heftig, ich glaube, das Wort trifft es. Er rang mich nieder, in den schon leicht nachtkalten Sand. Fiel über mich her und ich weiß nicht mehr, was ich in diesem Moment wollte.


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