Ich meldete mich im Fitnessstudio an, da wo ich ab sofort jeden Montag und Mittwoch einen Zumba-Kurs besuchte und Unmengen Kalorien auf dem Fahrrad abstrampelte. Mit den ersten purzelnden Pfunden, erreichten mich auch die ersten Komplimente – „Du siehst toll aus“, „Die paar Kilos weniger stehen dir echt gut“, „Mach weiter so“. Und ja, verdammt, das motivierte mich und ich begann zu realisieren, wie viel Selbstbewusstsein er mir eigentlich genommen hatte.
Trotzdem ließ ich ihn nicht los. Zwar wurden unsere Treffen noch seltener, denn ich verbrachte nun den Großteil meiner Freizeit beim Sport, aber ich wusste, dass auch bald wieder eine andere Zeit kommen würde, in der ich vor Selbstsicherheit nur so strahlen und wir uns wieder jeden Tag sehen würden. Und jedes Mal, wenn er mit müden Augen auf mich herabschielte, beruhigte ich ihn mit einem sanften Kuss auf die Wange und den Worten: „Das ist nur eine Phase.“
Irgendwann meldete er sich auch im Fitnessstudio an. Anfangs war ich von seiner Idee begeistert, dachte, wir würden von nun an zusammen zum Sport gehen, doch meistens ging er mit seinen Kumpels, manchmal auch allein. Und nach jeder Sporteinheit, die er hinter sich gebracht hatte, schrieb er mir eine SMS: „Ich habe richtig viele Kalorien verbrannt.“
Als ich dachte, ich könnte nicht tiefer fallen
Ich dachte immer, es würde alles besser werden, jetzt wo ich nach jahrelanger Sportpause und viel zu viel Schokolade endlich wieder durchstartete. Ich dachte immer, ich könnte gar nicht tiefer fallen. Ich dachte, ich hätte den tiefsten Punkt bereits erreicht – da wo ich mit Krokodilstränen mein Spiegelbild begutachtete, da wo es weh tat. Doch ich lag falsch. Ich fiel tiefer. Langsam aber sachte fiel ich so tief, dass ich nichts mehr spürte, nichts mehr fühlte, mir alles egal war.
Inzwischen hatte ich meine Ernährung umgestellt, befolgte einen festen Diätplan, den ich an den meisten Tagen nicht mal einhielt, weil ich lieber gar nichts aß. Auf Tage, an denen ich hungerte und mein Pausenbrot in der Schultoilette hinunterspülte, folgten Tage, an denen ich alles, was ich essbares finden konnte, in mich hineinstopfe – von süß über herzhaft und wieder zurück. Bis ich mich am Abend auf den kalten Badezimmerfliesen fand, weil mein Herz raste und sich mein Magen vor Krämpfen zusammenzog.