Wir sahen uns die erste Zeit regelmäßig, drei‑, viermal die Woche. Wir kochten zusammen, unterhielten uns, schliefen miteinander. Alles fühlte sich gut an. Ich persönlich glaube, dass es zwei Zeitpunkte gibt, an denen man so gut wie sonst nie erkennt, was man füreinander ist: Den Moment kurz vorm Einschlafen, wenn langsam das Bewusstsein wegdriftet und man sich noch einmal im Halbdunkel anschaut, und den Moment nach dem Aufwachen, wenn man sich noch wie benebelt fühlt und es keine störenden Gedanken oder Gefühle gibt, die einem den Blick auf den anderen verwischen könnten. In dieser Zeit sah ich abends wie morgens eine junge, wunderschöne, tolle Frau, die ich wollte – und die mich wollte.
Aber dann kamen wir aus dem Takt. Ich verstehe nur wenig von Musik, aber selbst ich bemerke, wenn eine Melodie falsch gespielt wird, wenn die Töne nicht mehr zusammenpassen und das Tempo unstimmig ist. Da kamen Pausen, die da nicht hingehörten. Wir spielten Töne, die schrecklich zusammen klangen.
Wir sahen uns seltener. Du sagtest mir, du müsstest viel für dein Studium tun. Später wolltest du den Sommer bei deiner Familie in Süddeutschland verbringen. Wir schrieben uns, wir telefonierten. Oder besser: Ich schrieb dir und du hast mir geantwortet. Ich rief dich an und du erzähltest gerade so viel, dass es nach einem normalen Gespräch klang. Aber nicht mehr.
Immer seltener schliefen wir miteinander ein. Deine anfängliche Initiative sank auf einen Nullpunkt. Ein Warnhinweis, den ich damals besser hätte deuten sollen.
Wir schleppten uns bald nur noch durch die Monate. Ein Paar, das durch die Wüste läuft, nicht mehr Hand in Hand, sondern jeder für sich, nebeneinander her, ohne dabei noch allzu viel zu sagen. Zwei Einzelkämpfer, die von einer Oase träumen, aber nicht mehr voneinander. Aus dem Abenteuer war ein lethargisches Herumirren geworden.