Hoffen und warten. Was wird aus uns?

Können aus Freunden mit gewissen Vorzügen Liebende werden? Die Geschichte von einer beziehungsweise-Leserin über eine Beziehung, die noch keine ist

Es ist November. Kalt, regnerisch, neblig. Wer wird da nicht kuschelbedürftig und sentimental oder sehnt sich nach Nähe und Geborgenheit? Mein Bruder ist gerade frisch verliebt. Ich beneide ihn um dieses Gefühl, obwohl ich mit großer Sicherheit auch gerade verliebt bin. Vielleicht. Niemand außer mir kann das beantworten. Ich bin mir nicht sicher. Aber es gibt jemanden.

Vor ziemlich genau fünf Jahren lernte ich ihn als besten Freund meines kleinen Bruders kennen. Ich war frei, ungebunden, ohne Verpflichtungen. Konnte zu jeder Zeit tun und lassen, was ich wollte. Wir hatten viele schöne Momente, vor allem, was Sex betraf. Und darum ging es hauptsächlich. Damals hatte keiner von uns vor, sich auf etwas Festes einzulassen. Deshalb war diese Konstellation zwischen ihm und mir ganz schnell wieder beendet. Trotz allem ging er mir nie richtig aus dem Kopf. Auch nicht während ich andere Beziehungen führte. Ich zog in eine fremde Stadt, fand neue Freunde, einen neuen Partner und wurde schwanger. Heimlich schaute ich auf sozialen Plattformen immer mal wieder nach dem „Rechten“. War er noch glücklich mit seiner Neuen? Ging es ihm gut? Fragen, die mir auch Fotos nicht beantworten konnten.

Aber was sind wir? Freunde mit gewissen Vorzügen?

2016 schließlich traf ich ihn wieder. Schon als der Name fiel, wurde mir warm ums Herz. Aber die Dinge hatten sich verändert. Ob er in einer Beziehung steckte – wusste ich nicht. Vielleicht würde ich es irgendwie beiläufig erfahren. Ich war mittlerweile alleinerziehende Mutter einer wunderbaren Tochter und gerade dabei, ein neues Umfeld für mich und mein Kind aufzubauen. Den Kopf voll mit siebenhundertmillionen anderen wichtigen Dingen. Aber ich konnte nicht anders, als ständig an ihn zu denken.

So verstrichen die Wochen, bis wir auf einen gemeinsamen Party-Abend gingen. Und wie es Schicksal oder Zufall wollten, landeten wir auf meiner Couch. Emotionslos, aber befriedigend. Nichts weiter. Oder doch? Ein riesengroßes Gedankenkarussell. Ich verlor kein Wort darüber.


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