Beim zweiten Date war ich aufgeregt wie lange nicht mehr
Schon während des Essens unterhielten wir uns, ohne dass je eine unangenehme Pause eintrat. Auf dem Weg zum Billard lag schon eine gewisse Spannung zwischen uns, die sich während des Billardspielens zu einem deutlichen Knistern steigerte. Wir fuhren zur Reeperbahn, um auf dem Hamburger Berg noch etwas zu trinken und zu kickern. Ich fühlte mich völlig overdressed, aber es war trotzdem einfach nur schön. Wir holten uns an einem Kiosk zwei Gin Tonic und gingen zum Hafen und durch den alten Elbtunnel auf die andere Seite. Wir redeten und redeten. Dieses Mal war ich es, die fragte, ob wir nicht langsam zurückgehen sollten. Nicht weil ich den Abend beenden wollte, sondern schlichtweg, weil Bier und Gin Tonic sich so langsam ihren Weg nach draußen suchen wollten.
Und dann kam er: der Moment, der mir den Boden unter den Füßen weggezogen hat. Er sagte mir, dass er schon die ganze Zeit am überlegen war, ob er mich küssen soll. Leicht unsicher antwortete ich, warum er es nicht einfach getan hat, woraufhin er meinte, dass sich das nicht gehört, aber dass er mich ja jetzt einfach küssen könnte. Und das taten wir dann auch. Mein Herz schlug bis zum Hals und meine Knie zitterten. Es war einfach schön.
Händchenhaltend und wie Teenager kichernd und knutschend gingen wir Richtung Stadt zurück, suchten uns eine Bar zwecks Entledigung von Bier und Gin Tonic und verbrachten die restliche Nacht mitten auf der Reeperbahn zwischen betrunkenen Partygästen und Prostituierten. Wir redeten bis es hell wurde. Und fuhren dann jeder für sich nach Hause. Rückblickend schwankte der Abend zwischen klischeehaft und absolut unpassend für ein zweites Date, aber dennoch war es einfach perfekt.
Die folgenden Tage konnte ich nicht aufhören, an ihn zu denken. Und ihm ging es absolut genauso. Wir verabredeten uns für Dienstagabend im Stadtpark. Legten uns mit einer Decke auf die Wiese, tranken Bier und quatschen bis die Sonne langsam unterging und es kühler wurde. Dann fuhren wir zu mir. Wir knutschten, kuschelten und redeten bis in die Nacht. Mehr als einmal sahen wir uns an, schüttelten die Köpfe und fragten, was dort gerade mit uns passierte. Am folgenden Samstag verabredeten wir uns zum Kochen bei mir. Als er die Treppe zu meiner Wohnung hochkam, klopfte mir das Herz bis zum Hals. Was machte dieser Mann mit mir?
Wir fragten uns, was passierte da gerade?
Nach dem Essen standen wir zusammen auf dem Balkon. Knutschten, fummelten, lachten. Doch ich merkte, dass er immer mal wieder mit seinen Gedanken woanders war. Er hielt mich im Arm und dann erzählte er mir, dass er offiziell erst noch kürzer getrennt sei, als er bei unserem ersten Treffen angedeutet hatte – zu diesem Zeitpunkt war seine Exfreundin erst 6 Wochen vorher aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Er erzählte mir alles: dass seine Exfreundin seit drei Jahren unter Depressionen gelitten hatte und dass sie sich immer weiter voneinander entfernt hätten, bis sie sich dann nach sieben gemeinsamen Jahren voneinander getrennt hatten – nach gemeinsam durchgestandenen Therapieversuchen und allem Drum und Dran.
Er sagte mir, dass er nicht damit gerechnet hatte, dass er so schnell wieder solche Gefühle für jemanden entwickeln können würde. Dass es ihn einfach erwischt hat. Dass er sich nicht dagegen wehren möchte, aber gleichzeitig auch einfach noch mehr Zeit braucht, um die Trennung endgültig zu verarbeiten. Dass er das so nicht geplant hat. Dass ich die erste und einzige Frau gewesen sei, mit der er sich überhaupt getroffen hat nach der Trennung. Dass er, seit er mich kennt, auch kein Interesse daran hat, andere Frauen zu treffen. Dass es sich absolut richtig anfühlt mit mir und gleichzeitig auch irgendwie falsch.
Ich sagte erst einmal nichts. Sammelte mich, meinen Kopf an seiner Brust. Ich erzählte ihm von meiner psychisch kranken Schwester und dass ich seine Gefühle verstehen kann. Natürlich warnte mich mein Verstand in diesem Moment. Sagte eine Stimme in meinem Kopf: Willst du dir das wirklich antun? Und ja, ich wollte. Ich sagte ihm, dass wir es einfach langsam angehen lassen. Dass es mir nicht darum geht, ihn sofort meinen Eltern vorzustellen oder irgendetwas in dieser Richtung. Ich fragte ihn, ob er noch Gefühle für seine Exfreundin hat, ob er sie zurückhaben wollen würde, wenn die Depression nicht wäre. Er verneinte. Ich sagte ihm auch, dass ich nicht eine von vielen sein möchte, dass ich möchte, dass das zwischen uns exklusiv ist. Er sagte, dass er schön doof wäre, wenn er das was da gerade mit uns passiert, durch so etwas kaputt machen würde. Das beruhigte mich. Noch mehr beruhigte mich, dass er mich nach diesem Gespräch fest an sich drückte und mir sagte, dass er ziemliche Angst vor meiner Reaktion hatte, dass er Angst hatte, dass das mit uns – was immer es auch war – zu Ende war, bevor es richtig angefangen hat.
Wie kann man jemanden vermissen, den man noch gar nicht wirklich kennt?
Und dann hatten wir Sex. Es war aufregend wie das erste Mal und doch wahnsinnig vertraut. Er war sanft, aufmerksam – und ganz bei mir. Er blieb über Nacht und es war einfach wunderschön, neben ihm aufzuwachen. In seinen Armen zu liegen. Er ging erst nach dem Mittag und seither haben wir uns so häufig gesehen wie es unsere Terminkalender zulassen. Ein schon lange geplanter Urlaub meinerseits fühlte sich an wie eine Ewigkeit, obwohl es eigentlich nur eine gute Woche war, die wir uns nicht sehen konnten. Wie konnte man jemanden, den man erst so kurz kannte, so sehr vermissen? Wir schrieben täglich. Schickten uns Bilder und Videos. Als wir uns danach endlich wiedersahen, war das Gefühl direkt wieder da. Wie konnte ich nur denken, dass sich etwas daran ändert? Und nach dem, was er mir sagt, geht es ihm genauso. Auch er weiß einfach nicht wohin mit seinen Gefühlen.
Und doch gibt es immer wieder Momente, die mir Angst machen. Angst, ihn zu verlieren. Angst, wieder verletzt zu werden. Angst, erneut die Bruchstücke meines Herzens zusammen flicken zu müssen. Diese Momente kommen unvermittelt, aber doch immer mal wieder. Wenn er mich ansieht und ich ihm im Gesicht ansehe, dass er darüber nachdenkt, dass das mit uns eigentlich nicht sein darf, dass es falsch ist. Wenn er mir sagt, dass eigentlich alles perfekt ist, außer dem Zeitpunkt. Wenn ich mich frage: Gibt es einen falschen Zeitpunkt, wenn die Liebe richtig ist?
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