Du sagtest, wir würden das schon schaffen

Kann eine Liebe ein Auslandsjahr überstehen? Unsere anonyme Autorin klammerte sich an diese Hoffnung, doch was sie nicht wusste, es gab da noch eine Andere in seinem Herzen

Eigentlich kannten wir uns schon sehr lange, doch der Altersunterschied war damals zu gravierend gewesen, deshalb kamen wir erst Jahre später zusammen und es war perfekt (zumindest eine Zeit lang). Wir haben uns ergänzt, auf jeder erdenklichen Ebene und selbst du als Realist und ich als Nicht-Romantikerin musste mir eingestehen: vielleicht gibt es so etwas wie Seelenverwandtschaft ja doch.

Leider sollte mein kurzes Glück nicht lange halten. Du hattest gerade deinen Abschluss gemacht, spieltest mit allen möglichen Gedanken und fasstest schließlich einen Entschluss: ein Auslandsjahr. Unter mir brach eine Welt zusammen, als du es mir erzähltest. Wie sollte ich damit umgehen? Du sagtest, du würdest mich lieben und dass wir das schon schaffen würden. Und blind wie ich war, glaubte ich dir – wie könnte ich auch anders? Du warst meine zweite Hälfte und ich tat alles für dich. Im Nachhinein habe ich festgestellt, dass ich mich darüber selbst ein wenig verloren habe.

Monate gingen ins Land und meine Befürchtungen wurden immer schlimmer. Ich wusste, es würde nicht gutgehen – doch du gabst dich unbesorgt und sagtest mir immer wieder, alles würde gut. Liebe und so. Ich erinnere mich noch, wie ich weinend auf deinem Bett saß und du diese dämliche ET-Geste “Ich bin immer für dich da!” samt verstellter Stimme abgezogen hast.

Du warst meine große Liebe und ich musste dich gehen lassen. Was für ein Mensch wäre ich gewesen, es nicht zumindest zu versuchen?

Der Tag der Abreise war der letzte Tag, an dem ich den Menschen sehen durfte, den ich als meine zweite Hälfte bezeichnete. Aus Scherz sagte ich: “Dann bist du mich endlich los!” Doch als du nicktest, sah ich, dass ich damit nicht unrecht hatte – am Gate hast du dich nicht einmal mehr umgesehen.


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