Dieses eine Gesicht warst du. Während ich das hier schreibe, denke ich an dich. Kann nicht verstehen, wieso unsere Zeit und alles, was wir hatten, vorbei sein soll und scheinbar nichts bei dir hinterlassen hat. Fast drei Monate ist es nun her und trotzdem vergeht kein Tag, an dem ich nicht an dich denke und versuche, zu verstehen. Als wir uns kennenlernten, war direkt etwas Magisches zwischen uns und wir wussten unausgesprochen, dass wir den anderen so schnell wie möglich wiedersehen wollten. Aufgrund meiner alten Erfahrungen und Verletzungen versuchte ich jedoch, dich etwas auf Abstand zu halten. Zumindest was das Wiedersehen betrifft. Die Angst, wieder zu schnell von 0 auf 100 zu gehen, war zu groß. Wir schrieben gefühlt den ganzen Tag miteinander, erzählten uns von den Wichtigkeiten und Nichtigkeiten unseres Alltags. Telefonierten, lachten und schmolzen emotional immer enger zusammen.
Das erste Wiedersehen war toll, es folgte ein zweites, drittes und viertes. Wir öffneten uns, erzählten uns von den Tragödien und Verlusten in unserem Leben. Sprachen über meine aktuelle Krankheitssituation und die Ängste und Schwierigkeiten, die all dies im zwischenmenschlichen Bereich mit sich brachte. Ich bekam so viel Verständnis von dir, du wolltest für mich da sein und mir die Schmerzen und Einsamkeit nehmen. Wir sprachen über den Tod von lieben Menschen und kamen uns immer näher. Irgendwann der erste intensive Kuss, erstmals beieinander und miteinander schlafen.
Du sagtest mir, wie toll du mich findest und wie sehr du die Zeit mit mir genießt. Dass du mich, die wahre Julia, kennenlernen möchtest. Ich hatte so damit zu kämpfen, mich nicht zu schnell zu öffnen, nicht zu schnell zu viel Gefühl zu investieren. Hatte Angst davor, dir zu sagen und zu zeigen, wie toll auch ich dich finde. Irgendwann tat ich es. Und dann geschah genau das, wovor ich so viel Angst hatte. Du zogst es ins Lächerliche, machtest einen Spaß darüber und ich hatte das Gefühl, von ganz oben nach ganz unten zu fallen. Zu tief saßen die alten Ängste und Erfahrungen. Ich machte komplett zu, wollte nicht mehr mit dir sprechen. Ich hatte das Gefühl, mit einem Mal die rosarote Brille zu verlieren und dein wahres Ich und das wahre Uns zu sehen.
Hatte ich mir alles nur schöngeredet? War ich für dich doch nur ein Zeitvertreib, unsere gemeinsame Zeit von vornherein begrenzt? Ich nahm allen Mut zusammen und sagte dir, dass ich Gefühle für dich habe. Dass mir das mit uns ernst sei und ich dachte, dass es das für dich genauso ist. Erklärte dir, wieso ich bei deiner Reaktion zugemacht hatte und mich erstmal nicht mehr melden konnte. Deine Antwort zog mir dann schlussendlich komplett den Boden unter den Füßen weg. Du seist noch nicht bereit für eine neue Beziehung. Dachtest nicht, dass du so schnell wieder einen Menschen finden würdest, mit dem es wieder auf eine Beziehung hinauslaufen würde. Dass aber auch du die Zeit sehr genossen hattest, jedoch nicht wüsstest, wohin das mit uns führt. Dass du meine Ehrlichkeit schätzt und wir uns treffen sollen, um darüber zu sprechen und gemeinsam zu gucken, wie wir weiter vorgehen.