Wir trafen uns mitten in dieser Menschenmenge, kamen ins Gespräch und es war so, als hätten wir uns nie verloren. Es passte wie früher zwischen uns, wir erzählten stundenlang, bis spät in die Nacht, tauschten Nummern und der Kontakt war wieder da. In den darauffolgenden Tagen und Wochen trafen wir uns öfter, redeten viel, hielten per WhatsApp Kontakt. Schnell merkte man, dass da plötzlich mehr war als damals. Dass es da etwas gab, das es früher nie gegeben hatte. Wir fühlten uns auch körperlich zueinander hingezogen – so als wären wir verliebt.
Ich versuchte, das zunächst zu ignorieren. Auch das ging nicht lange gut. Es kam, wie es kommen musste: Ein schöner Abend, Gespräche bei ein, zwei Bierchen, Lachen, Necken. Wir küssten uns und damit wurde etwas in Gang gebracht, das uns bewusst machte, dass nur eine Freundschaft schwierig ist. Und die Freundschaft zu behalten, wenn wir weitermachten, wäre vielleicht zum Scheitern verurteilt. Ich war hin- und hergerissen, wusste nicht, was ich tun sollte – und das ließ ich ihn auch lange spüren. Mal gab ich nach, dann machte ich wieder einen Rückzieher. Aber bei Männern wird wohl gerade dann der Jagdinstinkt eingeschaltet.
Ich hatte das Eine noch nicht abgeschlossen und so bewegte ich mich immer wieder zwischen den Fronten. Bis ich mich irgendwann ganz für ihn entschied. Und er sich für mich.
Unsere erste gemeinsame Zeit war grandios. Wir liebten uns so schnell so sehr, weil wir uns schon so vertraut waren, dass es uns perfekt erschien. Wer sonst, wenn nicht wir, sollte zusammenpassen? Dass es keine perfekten Beziehungen gibt, hatten wir völlig aus den Augen verloren. Ich würde heute sagen: „vorrübergehender Realitätsverlust“. Alles war möglich, die Zukunft wurde geplant.
Und plötzlich war da dieses Gefühl: Ich will dich nicht noch einmal verlieren. Dieses Gefühl machte mich blind für mich selbst, für mich, die ich sonst noch bin, ohne ihn. Ich klammerte, ich stellte seine Liebe infrage, ich zweifelte – aus Angst.
Anna Zimt
Redaktion
Eric Hegmann