Dieser Punkt, an dem ich sage, ich gehe

Und die Frage ist immer: Wann sollte ich gehen, wann muss ich mein Leben wieder selbst in die Hand nehmen? Wann ist der richtige Zeitpunkt und gibt es einen richtigen Zeitpunkt? Wann ist dieser Punkt erreicht, dieser Wendepunkt, an dem ich meine Beine in die Hand nehmen und rennen muss?

Ist dieser Punkt erreicht, wenn ich morgens aufwache, meine Augen verquollen sind und sie mir wehtun vom vielen Weinen? Kein Make-up der Welt kann es noch verbergen, dass es mir nicht gut geht. Ich nehme ab, ohne es zu wollen, meine Kleider hängen an mir herunter und ich fühle mich hilflos und schwach. Und noch immer frage ich mich, soll ich gehen oder soll ich bleiben?

Halte ich es lieber aus, weil ich diesen Mann so sehr liebe und denke, kein anderer Mann könnte mir das geben, was er mir gibt? Habe ich Angst, ich könnte niemand anderen mehr lieben? Oder niemand anderes könnte mich lieben? Halte ich es aus, weil ich mich krampfhaft an die wenigen Augenblicke klammere, in einen vielleicht ein bisschen Licht scheint, diese viel zu seltenen Augenblicke, die immer weniger werden?

Auch wenn ich denke, ich kann noch weitergehen, hier ist der Punkt erreicht. Hier muss ich es mir selbst eingestehen und zu meiner kleinen geschundenen Seele sprechen, die in mir ist und sich nach Liebe sehnt: Er wird sich nicht ändern.

Wir werden immer wieder an diesen Punkt gelangen. Es kann sein, dass ich es noch ein paar Tage aushalte, vielleicht auch ein paar Wochen oder Monate. Es kann sein, dass von außen noch schwierigere Umstände auf uns zukommen, die dann alles noch komplizierter machen. Dass wir immer wieder versuchen, neu anzufangen, und denken, eine neue Wohnung oder ein neuer Wohnort, das wäre die Rettung.

Wir werden versuchen und straucheln und weinen und er wird Versprechungen machen und wir werden wieder versuchen und weinen und straucheln. Ich werde ihm glauben. Und dann werde ich wieder weinen. Aber immer wieder wird der Partner in sein altes Muster fallen und ich werde wieder unglücklich sein, endlos traurig und schwach, hilflos und klein.

Ein Mensch kann einen anderen Menschen nicht ändern, der immer wieder in ein bestimmtes negatives Verhaltensmuster fällt. Obwohl dieser Mensch weiß, es zerstört die Beziehung und das gemeinsames Leben, wird er nicht damit aufhören, weil er nicht aufhören kann. Punkt. Und das muss ich verstehen, so weh es auch tut. So schmerzhaft das alles ist.


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