So ließ die Konsequenz daraus auch nicht lange auf sich warten, du trenntest dich von deinem Freund. Ich war unterdessen zu einem Freund, einem Vertrauten, Geliebten und zur Affäre geworden. So wie sich herausstellen sollte, war ich wohl das letzte Puzzle-Teil, um aus deiner doch recht verkorksten Beziehung auszusteigen. Raus aus dem Käfig ohne Zuneigung, ohne Aufmerksamkeit, wenig Beachtung und keiner wirklichen Liebe.
Nach deinem Cut ging es bei dir schnell weiter und schon wenig später zogst du in deine eigene Wohnung. In der Folgezeit fiel es dir sehr schwer, mich los und gehen zu lassen, bei jedem Treffen wolltest du mich nicht zurück in mein Leben lassen, aber ich hatte ja diesen nötigen und ehrlichen Schritt noch nicht gewagt. Sicher auch dadurch bedingt, wurde es langsam etwas komplizierter zwischen uns, unter die wundervoll schönen Momente mischten sich immer wieder kleine negative … Deine Seele war arg durch die vorherige Beziehung belastet, du sehntest dich immer nach Bestätigung, hattest große Verlustängste, Furcht, wieder enttäuscht und verletzt zu werden – wieder einsam zu sein.
Ich jedoch konnte dir das so nicht geben. Noch nicht. Nach einer Weile fingst du eine Liaison mit einem anderen Mann an, bei der ich dich erwischte. Du warst mir keine Rechenschaft schuldig, schließlich hatte ich eine Freundin und immer noch nicht die Courage aufgebracht, mich zu trennen. Trotzdem wäre es richtig gewesen, ehrlich gewesen, es mir wenigstens zu sagen. So fühlte es sich paradoxerweise für mich wie ein Betrug an. Es machte mich traurig und wütend: diese Art und Ignoranz.
Unser Kontakt brach daraufhin ab und alles war vorbei. Für eine Weile. Zwischenzeitlich wurde mir klar, dass ich meine Beziehung schon längst hätte beenden müssen. Ich fühlte mich bereits lange nicht mehr wohl und glücklich war ich auch nicht, eine Trennung wäre also die logische und überfällige Konsequenz. Doch zunächst trat eine überraschende und entscheidende Wendung ein: Wir bauten den Kontakt zueinander wieder auf und trafen uns schließlich zu einer Aussprache.
Und es war sofort wieder da, dieses Gefühl zwischen uns, vertraut und zärtlich. Ich konnte dir nicht mehr böse sein, du wusstest es genau, du sahst es in meinen Augen: Ich war verliebt bis über beide Ohren und mit jeder Faser meines Körpers. Es lag nun an mir, meinem Leben die richtige Richtung zu geben und so trennte ich mich kurze Zeit später von meiner Freundin. Alles, wirklich alles, was dann folgte, war wie im Traum, eine unbeschwerte wunderschöne Zeit, ohne Begrenzung, voller schöner Stunden Zweisamkeit, voller Gefühl, Spaß, stundenlanger, toller und tiefgründiger Gespräche, Leidenschaft. Es war beinahe perfekt. Doch es gab diesen einen Schatten auf unser Glück: Da wir in derselben Firma arbeiteten, blieb sie unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit.
Da waren wir nun in unserer Seifenblase beinahe eineinhalb Jahre gefangen … On/Off, Ängste, Gefühle, Liebe, Unsicherheiten, Hoffnung, wundervolle Phasen, depressive Phasen, schmerzhafte Trennungen. Irgendwie so, als würden wir die ganze Zeit Achterbahn fahren, ohne aussteigen zu können oder zu wollen. Einige warnten mich schon sehr früh, ich solle aussteigen, bevor es zu spät wäre, aber die Liebe war stärker.