Der lange Weg zu dir

Worauf sollte ich warten? Eine Garantie, dass man ein Leben lang mit dem Partner zusammenbleibt, hat man nie und da ich schon immer den Wunsch hatte, ein eigenes Haus zu kaufen, hörte ich nicht auf seine Bedenken und schloss den Kaufvertrag ab. Mein bester Freund musste das akzeptieren. Ich ahnte, dass er Angst hatte, mich komplett zu verlieren.

Wieder vergingen Jahre, aber der Kontakt zu meinem besten Freund blieb bestehen. Alle paar Monate gab es Treffen, bei denen wir die Nächte komplett durchquatschten, zwischendurch telefonierten wir regelmäßig und bauten uns gegenseitig auf, wenn es beim anderen mal nicht so gut lief. Ab und an erwischte ich ihn dabei, wie er mich total verliebt anschaute, wenn wir nach einer durchgequatschten Nacht eingeschlafen waren und nebeneinander aufwachten. Ich sprach ihn jedoch nicht darauf an, ich wollte ihn nicht in eine blöde Situation bringen. Er wusste sowieso, dass diese Gefühle von meiner Seite nicht erwidert würden. Ich hatte meinen Partner und meine Tochter zuhause. Er wusste zwar, dass meine Partnerschaft nicht mehr rund lief, wusste aber auch, dass ich meiner Tochter ein glückliches Familienleben bieten wollte.

Eines Tages stellte mir mein bester Freund dann seinen neuen besten Freund vor. Beide verbrachten ein Wochenende zusammen bei den Eltern meines besten Freundes und luden mich zum Grillen ein. Ich hatte an dem Tag nicht wirklich Lust darauf, raffte mich aber auf und fuhr trotzdem hin. Als ich dort ankam, war ich sofort von diesem Mann angetan. Wir verstanden uns prächtig, es fühlte sich an als würden wir uns schon ein Leben lang kennen und so kam es, dass wir uns quasi noch an diesem Abend ineinander verliebten.

Er folgten Monate, die emotional total merkwürdig waren. Ich steckte in einer Beziehung, war verliebt in den besten Freund meines besten Freundes, hatte ein unglaublich schlechtes Gewissen gegenüber meinem Partner und auch gegenüber meinem besten Freund. Der war seit 20 Jahren in mich verliebt und musste erneut mit ansehen, wie ich mich in einen anderen Mann statt in ihn verliebte.

Ich fragte ihn, ob es okay für ihn sei, dass ich Gefühle für seinen besten Freund entwickelte oder ob ich den Kontakt einstellen sollte, aber er gab uns seinen Segen und nahm ihn sogar alle paar Wochen mit in die Heimat, so dass wir die Gelegenheit hatten, uns besser kennenzulernen. Das zeigte mir, wie wichtig ich ihm war. Es war ihm wichtiger, dass ich glücklich bin, egal wie unglücklich ihn das machte. Er zeigte mir nicht, wie sehr er darunter litt, ich konnte es nur erahnen. Er meinte nur zu mir: „Erwarte bitte nicht, dass ich wieder deine Tränen trockne.“

Außerdem erinnerte er mich an unseren Deal, dass wir eventuell vorhatten, mit 50 gemeinsam auf der Bank zu sitzen und das Leben zu genießen. Er teilte mir mit, dass er nicht wüsste, ob er das noch einhalten könnte. Das machte mich unfassbar traurig. Ich wusste zu dem Zeitpunkt nur noch nicht, warum. Obwohl sein bester Freund und ich total verliebt ineinander waren, ermöglichten unsere unterschiedlichen Lebensvorstellungen kein Happy End. Ich litt fürchterlich und mein bester Freund trocknete auch diesmal meine Tränen. Ich war ihm unendlich dankbar dafür, dass er mich auch dieses Mal auffing.


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