Unsere Begegnung war so voller Tragik. Du, der so offene und verantwortungsvolle Mensch. Bodenständig, vernünftig, ruhig und liebenswert. Der perfekte Zuhörer, Gedankenmacher, Lebensbejahende, manchmal Verrückte. Und ich, die so emotional zerbrechliche und zutiefst angsterfüllte Kreatur. Es gibt keinen Trost für mich, denn ich bin es, die dich hat gehen lassen. Seither kann ich nicht wegschauen, wenn ich jemanden sehe, der dir ähnlich sieht. Seither horche ich immer auf, wenn ich einen Namen höre, der deinem ähnelt. Seither empfinde ich drückende Leere, wenn ich an dich denke. Wenn ich an das Leben denke, das wir niemals hatten. Das Leben, das ich niemals haben werde.
Du bist allgegenwärtig – du bist mein Schatten, der mich durch all die Wochen und Monate hindurch begleitete. Ich dachte so oft, ich hätte losgelassen. Aber immer wieder wurde ich eines Besseren belehrt. Dein Schatten wollte mich nicht verlassen, er war ein Teil von mir geworden. Ich stellte mir tausende Szenarien vor. Szenarien, in denen du wieder in mein Leben kamst. Szenarien, in denen du niemals daraus verschwunden warst. Szenarien, in denen du mich gerettet hast. Szenarien, in denen ich dich hielt und dich vor den Gefahren dieser Welt beschützte. Szenarien, die so voller Leben waren. Voll von dem Leben, das ich niemals haben werde.
Aber mein tiefstes Inneres machte sich einen Spaß daraus, mir vorzuhalten, dass es zu spät war. Dass du ein neuer Mensch warst, und dass ich kein Mensch mehr war. So fühlte es sich an. Ich fühlte mich nicht länger menschlich. Ich fühlte mich eher wie ein emotionales Vakuum. Ich tat, was ich tun musste, ohne etwas dabei zu empfinden. Ich fühlte mich eine unendlich lange Zeit konstant schlecht.
Das schlimmste daran: Die Welt um mich herum kümmerte sich nicht um mich und meinen Zustand. Sie blieb nicht stehen und gab mir nicht die Zeit, die ich brauchte, um das Erlebte zu verarbeiten. Sie drehte sich einfach weiter, und die Zeit strich an mir vorüber. Diese Zeit ist weg, einfach so. Und niemand gibt sie mir wieder. Ich wartete auf ein Zeichen, dass das alles einen Sinn hatte. Aber es gab kein Zeichen, und jedweder Sinn blieb mir verborgen. Die Welt drehte sich gnadenlos weiter und nahm keinerlei Notiz von mir. Natürlich drehte sie sich einfach weiter – aber in diesem halbtoten zombie-ähnlichen Zustand war es mir unbegreiflich, wie die Welt sich einfach weiterdrehen konnte. Was fiel ihr ein?! So tief war ich gesunken. Das Leben ging seinen gewöhnlichen Gang, da war meine neue Stelle, da waren Zukunftsängste, weil sich privat und beruflich so viel veränderte.