Wir haben wieder diese sexuelle Spannung und Anziehungskraft zwischen uns gesucht – so wie es immer war. Trotzdem habe ich gemerkt, dass ich mich von dir entfernt habe. Alles, was du mir angetan hattest, hatte seine Spuren hinterlassen. Irgendetwas war anders. Ich habe für dich keinerlei Liebe mehr empfunden. Es war vielmehr eine Illusion, die Abhängigkeit, der Wunschgedanke, mit dir doch noch eines Tages glücklich zu werden. Nach diesem Sommer brach der Kontakt ab.
Zunächst. Denn nach einiger Zeit hast du mir wieder geschrieben. Du hast mich nicht in Ruhe gelassen. Du hast mir nicht zugestanden, dass ich mich von dir entferne. Du hast dich egoistisch und arrogant verhalten: Wenn du mich wolltest, sollte ich da sein. Wenn nicht, sollte ich gehen. Ich weiß nicht, warum ich das gemacht habe, aber vorletztes Jahr haben wir uns tatsächlich noch einmal getroffen. Wahrscheinlich, weil wir abhängig waren von diesem gewissen Etwas, das bei uns immer in der Luft lag. Diese Anziehung, dieses Drama, das Gefühl, wie es ist, sich zu versöhnen, diese Abhängigkeit eben.
Wir hatten Sex. Aber da war nichts zwischen uns. Und zugegeben, der Sex war nicht sonderlich gut. Nach diesem Treffen hast du mir im Chat eine Abfuhr erteilt und mir gesagt, ich solle mich bloß nie wieder bei dir melden. Das Beste daran war: Es war mir einfach egal. Ich habe nichts empfunden. All die Jahre haben mich dir gegenüber abgestumpft.
Bis vor über einem Jahr mein jetziger Freund in mein Leben trat. Durch einen lustigen, fast schicksalhaften Zufall haben wir uns kennengelernt. Und er hat all die Scherben in mir drin wieder zusammengeklebt. Einfach nur, weil er er ist. Er hat mein Leben wieder in Farbe getaucht und seitdem ich ihn kenne, ist alles so leicht. Und ja, es gibt noch seltene Tage, an denen mir einfällt, dass es dich mal gab. Aber ich habe dich fast vergessen, und zwar aus ganzem Herzen vergessen.
Ich habe endlich das Glück und die Liebe in meinem Leben gefunden, die ich immer gesucht habe. In meiner jetzigen Beziehung gibt es keine Zweifel, kein In-Frage-stellen. Erst jetzt weiß ich, was es eigentlich bedeutet, zu zweit durchs Leben zu gehen. Da ist pures Vertrauen. Ich bin endlich angekommen. Und du? Ich hasse dich nicht, denn das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit.
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