Ich fiel in ein großes Loch, nahm sehr viel ab und brauchte über ein Jahr, um mich von dieser Erfahrung zu erholen. Ich fuhr auch wieder zum Karneval. Natürlich mit der kleinen Hoffnung, dich zu sehen – in demselben Lokal – und dann liefen wir uns wirklich davor über den Weg und du hast mit keiner Wimper gezuckt und bist einfach lächelnd weitergegangen.
Meine Eltern hatten mich noch nie so erlebt. Und auch ich mich nicht. Ich erinnere mich an eine U-Bahn-Fahrt, bei der ich wie aus dem Nichts weinen musste und es kaum bis zur Eingangstür unterdrücken konnte. Bei meinen Freunden fiel es mir schwer, dich nicht zu erwähnen und ich habe lange gebraucht, um auf Fotos wieder lächeln zu können.
Dennoch habe ich mein Masterstudium gemeistert, neue Freunde gefunden und dieser Stadt, die es mir so schwer gemacht hat, eine zweite Chance gegeben. Ich habe mir jede Ecke Berlins angeschaut – auch den Nachbarort, aus dem du kommst und den du mir nie gezeigt hast. Ich stürzte mich in den Dating-Dschungel, in dem es scheint, als würden Intimitäten nichts mehr bedeuten und es gang und gäbe ist, bei fehlendem Interesse einfach nicht mehr zu antworten.
Ein Auslandssemester hat mir geholfen, etwas Abstand zu gewinnen. In dieser Zeit schrieben wir ein einziges Mal, denn ich habe dir noch eine lange Abschiedsmail geschickt. Ich habe erfahren, dass deine Freunde dir damals geraten hatten, dass Ghosting die beste Methode sei.
Viele warme Worte oder Interesse hast du natürlich nicht geäußert und es beschränkte sich eher auf dieses „Just get over it“ von dir, an das ich mich immer erinnere.
Mittlerweile wohne ich in Hamburg und führe eine tolle Beziehung. Ohne Drama, Intrigen, Spielchen, falsche Interpretationen … und ich denke, ohne meine Erfahrungen wüsste ich dies nicht so sehr zu schätzen. Ghosting ist und bleibt für mich die unwürdigste Form, wie man eine Person behandeln kann.
Lebe wohl Pirat. Und sag Bescheid, wenn du doch bereit für einen Abschiedskaffee bist.
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