Bock. Männer und Sex – Ein Buchtipp

Nachdem Katja Lewina in ihrem ersten Buch „Sie hat Bock“ über alle Klischees, Mythen und Tabus rund um weibliche Sexualität geschrieben hat, sind nun die Herren der Schöpfung an der Reihe. Was ist los mit den Männern? Und was wollen sie wirklich?

Unangenehm ist es fast allen, klar. Geschlechtsteile gehören nicht in die Öffentlichkeit, das ist gesellschaftlicher Konsens, und das ist gut so, schließlich hat diese Übereinkunft auch eine gewisse Schutzfunktion. Aber Kinder scheren sich eben nicht um Regeln des Miteinanders, können sie gar nicht. Sie werfen sich einfach auf den Boden, wenn sie wütend sind. Fragen, warum die Frau an der Käsetheke so dick ist. Wollen partout nicht weiterlaufen, wenn man gerade dabei ist, den Bus zu verpassen. Und fassen sich eben in den Schritt, wenn ihnen danach ist.

Kinder mit den Maßstäben von Erwachsenen zu bewerten ist ungefähr so sinnvoll, wie den Kopf gegen die Wand zu schlagen, damit es aufhört zu regnen. Es wird schon irgendwann aufhören, genauso wie Kinder sich ganz ohne Zwang irgendwann in soziale Normen fügen, ganz einfach, weil Menschen soziale Wesen sind. Wenn ein Dreißigjähriger sich in aller Öffentlichkeit am Pimmel rumfummelt, können wir davon ausgehen, dass er ein psychisches Problem hat – wenn das ein Dreijähriger tut, ist er einfach nur ganz normal.

Eltern haben aber nicht nur Angst davor, dass ihr Kind vor anderen Leuten etwas Unanständiges tut, sondern viele von ihnen sind grundsätzlich überfordert mit der Sexualität ihrer Kinder. Dafür muss man nicht
mal besonders verklemmt sein. Dass Lust etwas Gutes ist, haben die meisten von uns trotz teilweise rigider Moralvorstellungen in unserer Kindheit inzwischen lernen können. Und dass man in jeder Drogerie zwischen fünf Vibrator-Sorten wählen kann, regt auch niemanden mehr auf. Aber wenn Kinder Spaß mit ihrem Körper haben, erfüllt das die allermeisten Eltern mit Unbehagen.

Die Idee, dass Sex etwas Schmutziges ist, das kontrolliert werden muss und allerhöchstens in die Sphäre der Erwachsenen gehört, sitzt tief in ihrem Unterbewusstsein fest. Und wenn es um die Frage geht, ob das Kind, das sich da anfasst, ein Mädchen oder ein Junge ist, dann sitzt da noch etwas anderes: Während wir schon früh lernen, dass eine gute Frau es höchstens mit dem Richtigen tut, braucht ein guter Mann Erfahrung im Bett, und überhaupt muss er sich die Hörner abstoßen. Wenn sich also ein Mädchen zwischen die Beine fasst, wird das von vielen Eltern sofort unterbunden. Während ein Junge, der das Gleiche tut, in vielen Fällen zwar ermahnt, aber auch mit einem gewissen Stolz angesehen wird.

Seht nur, er und seine Männlichkeit!

Eltern blicken wesentlich wohlwollender auf die Selbsterkundungen der Jungs. Und das spiegelt sich dann auch in ihrer erwachenden Sexualität. Laut einer Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf aus dem Jahr 2013 hatten 97 Prozent der Jungs im Alter von 16 bis 19 Jahren bereits mindestens einmal masturbiert, aber nur 46 Prozent der Mädchen. Und: Nur ein Viertel aller Mädchen machten ihre ersten sexuellen Erfahrungen mit sich selbst, während dies auf fast alle Jungen zutraf.

Ich will hier keine Statistiken breittreten, die ich schon in Sie hat Bock zitiert habe, aber das muss man sich einfach immer vor Augen halten: Für Männer ist der Griff zum Schwanz selbstverständlicher als für die Frau der an die Möse. Während pubertäre Mädchen diffuse sexuelle Gefühle meist als diffuse sexuelle Gefühle abtun, gehen die Jungs zur Sache, ganz so, wie sie es schon als kleine Kinder gelernt haben. Erst kommt der feuchte Pyjama, bei dem man vielleicht noch gar nicht einschätzen kann, ob man aus Versehen eingepullert hat. Aber schon bald gibt es kein Halten mehr. Der erste von eigener Hand herbeigeführte Orgasmus ist so ein abgefahrenes Ereignis, dass man das sein Leben lang nicht vergisst.

Liam erinnert sich:

»Ich hatte irgendwas geträumt, und das hat mich sehr aufgewühlt. Irgendwas war anders und dann habe ich gemerkt, es fühlt sich gut an, wenn ich dann noch weiter dran rum reibe. Und dann kam es plötzlich herausgeschossen, so: What the fuck! Das hat mich total überrascht.«

Philipp auch:

»Ich lag in der Badewanne, und da fing ich an, mit meinem Schwanz zu spielen. Ich wusste, wenn ich jetzt weitermache, dann werde ich kommen, und dann hatte ich ein sehr, sehr schönes Gefühl, das war sehr intensiv. Das kann man gar nicht vergleichen mit dem, was jetzt so ist.«

Und Ole erst:

»Es fing damit an, dass ich online Pornobilder angeguckt habe, und auf der Seite gab es Werbung für Masturbatoren. Und dann habe ich mir mit meinem Taschengeld so einen gekauft. Ich hatte am Anfang nie Lust oder das Bedürfnis, selbst Hand anzulegen. Ich bin direkt zum Masturbator übergegangen. Das erste Mal war das unglaublich intensiv und dementsprechend auch unglaublich schnell vorbei. Ich weiß noch, wie ich gedacht habe: Ich habe tatsächlich meinen Horizont erweitert. Es war wie auf LSD, ich habe neue Welten gesehen, neue Territorien erobert. Das war ein richtig schöner Moment.


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