“Lichtgestalten” – ein düsterer Liebesroman

Drei Menschen, deren Leben und Lieben miteinander verwoben sind: Marissa Conradys Lichtgestalten zeichnet eine ungewöhnliche, düstere Dreiergeschichte

Ich bin gespannt und mache es mir bequem. So schnell stehe ich nicht wieder auf, das wird mir schon klar, als ich die ersten Seiten dieser ungewöhnlichen Dreiergeschichte von Renja, Malina und Clara lese. Die Verbindung zwischen ihnen ist erfüllt von tiefer Liebe und oft noch tieferer Dunkelheit. Malina und Clara kennen sich nicht, die Verbindungsstelle ist Renja, der Mann, den beide lieben. Nacheinander erzählen Malina, Renja und Clara ihre Geschichte, die zwar in ihren Umrandungen stets die gleiche ist, aber unterschiedlich gefärbt auftritt und mit anderen, besonderen Erlebnissen gefüllt ist. Manche Ereignisse überlappen, manche stehen einzeln mit den Figuren da. 

Der Sammelband “Lichtgestalten” von Marissa Conrady enthält ihre drei Romane “Käferjahr”, “Dämmerdunkelküsse” und “Schwalbenhimmel”. Zusammen ergeben die einzelnen Texte eine Einheit.

Malinas einzige große Liebe ist eine Stadt – Köln. Sie lässt die Ziehmutter und ihre depressive Halbschwester Marie hinter sich und trifft in der geliebten Stadt dann doch eine Liebe: die zu Renja, sie vollständig einnehmend. Beide lieben sich innig, und doch finden sie nicht ganz zueinander. Malina wartet, dass sich Renja für oder gegen sie entscheidet und ihre Gedanken sind voller grauer Wolken. Eingewoben in die Erzählung finden sich philosophische Tages- und bedeutungsvolle Nachtträume über die Zeit, das Leben, die Liebe und Liebesschmerz.

Dunkel und doch hell.

Renjas Welt sieht anders aus: “Natürlich wäre es gelogen, wenn ich sagen würde, ich war nicht hin und her gerissen zwischen Malina und Clara. Aber – und das ist verwerflich – eine Zeit lang habe ich es auch genossen, von beiden geliebt zu werden”, sagt er. Als er Malina trifft, deren Leben ihr nicht richtig zu passen scheint, ganz wie ein nicht sitzendes Kleid, merkt Renja, dass ihn auch sein Leben zwickt. Sein steter guter Glaube schwindet und macht einer Angst breit. Einer Sorge, dass doch nicht alles gut wird: “Nach solchen Gesprächen wollte ich Malina noch fester halten. Aber ich spürte schon: Es wäre niemals fest genug”. Neben ihrer ungewissen Liebe scheint es dieses Warten zu sein, dass ihn mit Renja verbindet, und doch trennt. Das Warten ist stets auch eines darauf, dass Renja sich entscheidet: Malina zu lieben oder sie zu verlassen. Und Malinas Unglück ist soweit gewachsen, dass sie sich selbst verletzt, sich Schnitte in die Arme zufügt. Renja will Malina glücklich machen und sie halten, aber er kann es nicht.

Die Geschichte von Clara will ich Ihnen nicht näher beschreiben – denn das ginge zu weit. Das Ende sollten Sie lieber selber lesen…

“Glück macht keine guten Geschichten”, sagt Renja in diesem Sammelband. Das hat die Autorin sich zu Herzen genommen und erzählt das große Unglück der drei gleich verfielfacht. Das vertieft die Perspektiven und vergrößert den Horizont, aber vertieft auch das dunkle Lesegefühl.

Eine Lektüre, bei der mir schwer ums Herz wird.

Man kann sich nicht nur in diese Geschichte hineinfallen lassen, man muss es sogar. Die Autorin schreibt eindringlich und intensiv. So weit weg von der Welt um mich herum war ich beim Lesen lange nicht mehr. Und dann stehe ich auf und bin froh, dass mein Leben nicht ganz so nah dran ist an dem von Renja, Malina und Clara.

Marissa Conrady
“Lichtgestalten
Softcover 23,99€
Erhältlich bei epubli

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