Petra Mikutta verlor ihre Liebe, plötzlich und ohne jede Ankündigung. Im Interview erzählt sie, wie sie den Tod ihres Mannes überlebte
Der Verlust des Partners ist eine schreckliche Vorstellung. Auch schwer vorstellbar ist, die Energie aufzubringen, darüber ein Buch zu schreiben. Wie haben Sie das getan?
Ich habe damals kein Buch gefunden, das annähernd die Verzweiflung und das Verloren sein beschreibt, wie ich es erlebt habe. Mir hätte es geholfen, zu lesen, dass ich nicht als Einzige aus der Welt gefallen bin, und dass es Rückwege gibt. Ich beschreibe die Strecke, die ich im ersten Jahr zurück gelegt habe und lasse die Leser so dicht wie mir möglich an mich heran. Ich hoffe, dass diese Nähe einen neuen Blick auf das Leben, die Liebe und den Tod ermöglicht.
Was richtet Trauer an?
Man selbst und die Welt zerbrechen, die Freude verschwindet, und, wie in der Liebe, endet die Logik. Wochenlang war mein verstorbener Mann für mich realer als die Lebenden, ich habe Dialoge mit ihm geführt und auf Zeichen und Wunder gehofft. Dazu hat mich die Endgültigkeit des Todes in Panik versetzt. Das erste Jahr erlebte ich als seelischen und körperlichen Marathon, auf den ich kaum vorbereitet war.
Was hat Trauer aus Ihnen gemacht oder verändert?
Ich gehe wesentlich verschwenderischer mit Freude und Liebe um, das Leben ist zu kurz für Zaudern, ängstliche Skepsis und kleinlichen Missmut. Es ist doch allzu einfach, in unserer Zeit der ewigen Jugend, Perfektion und Kontrolle die Endlichkeit und damit Kostbarkeit unserer Welt und Existenz in allen Facetten zu vergessen. Auch die schlechten Tage, Ablehnungen und Misserfolge sind Teil des großen Wunders, dessen winziger Teil wir sind.
Wie kann man Trauernde trösten?
Ich war untröstlich, doch ich hatte das Glück, dass meine Freunde, Familie und Kollegen sich davon nicht beirren ließen. Sie waren da, haben angerufen, obwohl ich den Hörer nicht abnahm. Sie haben mich weiter eingeladen, obwohl ich entweder abgesagt oder ihnen mit Tränen und Schweigen den Abend verdorben habe. Trösten bedeutet, die Größe und den Mut aufzubringen, Gutes zu tun und abgelehnt und ungerecht behandelt zu werden.
Wo oder worin haben Sie Ihren Lebensmut wieder gefunden?
Ich habe mich bewusst entschieden, sozusagen einen Vertrag mit mir selbst gemacht, nicht meiner ersten Reaktion auf den Schmerz nachzugeben und zu verhärten und zu verbittern. Ich habe meine ganze Kraft darauf verwendet, mich auf das Leben einzulassen, offen und weich zu bleiben. Phasenweise hat mir ein Therapeut dabei geholfen. Ich glaube nicht, dass man glücklich leben und lieben kann, wenn man einen dicken Panzer trägt.
In einem Gespräch sagten Sie: Wie ich den plötzlichen Tod meines Mannes überlebte. Ja, wie?
Ich denke, jeder hat einen inneren Kompass, der ihn aus tiefen Tälern herausführt. Der Weg führt durch Neuland, das Angst macht. Ich habe mich mit kleinen Schritten vorwärts getastet, und dabei mir und Weggefährten, auch Fremden, vertraut. Das erste Jahr war im Grunde eine Folge von Mutproben. Auch die nicht bestandenen haben mich weiter gebracht.
Der Titel Ihres Buches irritiert. Schmerz und Humor wie kann das zusammen gehen?
Niemand bei Verstand lacht über den Tod. Aber jeder, der einen geliebten Menschen verliert, muss lernen, trotz des Todes zu lachen. Mein Herz ist durch die vielen gekitteten Risse größer geworden, da ist Raum für die unterschiedlichsten Emotionen. Ich bin ein sehr trauriger und sehr fröhlicher Mensch.
Lesen Sie hier einen Auszug aus dem bewegenden Buch “Sie werden lachen. Mein Mann ist tot” von Petra Mikutta.
Sie werden lachen. Mein Mann ist tot
Ein Überlebensbuch
ISBN: 978-3-8135-0654-9
€ 19,99 [D] | € 20,60 [A] | CHF 26,90* (* empf. VK-Preis)
Verlag: Knaus