Der Mix macht’s: Gemeinsamkeiten & Unterschiede in der Liebe

„Wir haben so viele Gemeinsamkeiten“ oder „Wir sind so völlig unterschiedlich“. Wann immer Paare danach gefragt werden, was das Geheimnis ihrer Beziehung sei, setzen die Partner ihre eigenen Interessen und Wünsche ins Verhältnis zu denen des Gegenübers

Es scheint eine Geschmacksfrage zu sein oder von der momentanen Verfassung abzuhängen, ob man es für einen überlebenswichtigen Vorteil in der Beziehung hält, dass man dem Partner ähnlich ist, oder dass es gerade die Anziehungskraft des Partners ausmacht, wenn er völlig andere Interessen in die Beziehung mit einbringt.

Gemeinsamkeiten: gegenseitige Bestätigung. Unterschiede: gegenseitige Horizonterweiterung.

Es gibt Beziehungen, die an Unterschieden scheitern, aber auch solche, wo ein Übermaß an Gemeinsamkeiten dazu führt, dass die Partner sich nicht genügend Raum lassen und nur zu zweit zu existieren scheinen. Letztere gehen sich oft auf die Nerven, weil sie bei allen Aktivitäten gemeinsam einsam sind. Bei einem ausgewogenen Verhältnis von Gemeinsamkeiten und Unterschieden kann man optimaler Weise Dinge miteinander teilen, die beide mögen, und sich wechselseitig Dinge zeigen, die jeweils einem von beiden bereits viel bedeuten und dem anderen dabei neue Perspektiven anbieten können.

Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede beziehen sich dabei auf Aspekte wie die Art, gewisse Dinge zu tun, die Welt zu sehen, sich zu anderen zu verhalten. Aber auch weniger änderbare Aspekte haben eine Relevanz für die Vergleiche, die Partner fast automatisch zwischen einander vornehmen: Körpergröße, Alter, Einkommen, Bildungsgrad, Lebensperspektiven, Hobbys, Ernährungsgewohnheiten, Kleidungsstil und so weiter.

Alters- und Größenunterschiede gelten allgemein nicht als sonderliche Hinderungsgründe. Richtiges Spannungspotential tut sich eher zwischen Partnern mit sehr abständigen Lebensperspektiven und Weltsichten auf, oder anders gesagt: Versuchen Sie mal eine Managerin mit einem Eremiten zu verkuppeln, oder eine zwanzigjährige Auszubildende mit einem fünfzigjährigen Professor für Soziologie…

Das meiste an Ansichten und Perspektiven wird in der Kennenlernphase intensiv ausgelotet. Danach müssen diese Aspekte beiden Partnern bewusst genug sein, damit nicht später, wenn die Vertrautheit größer geworden ist, störende Geheimnisse wie aus dem Nichts auftauchen.

Verbindendes wie Trennendes können gleichermaßen Attraktivität ausmachen. Wenn man erst einmal glücklich mit seinem Partner ist, traut man sich oft nicht mehr, eine Beziehung, die Verbundenheit zwischen zwei Menschen bedeutet, mit „trennenden“ Aspekten zusammenzudenken, also wird es wahrscheinlicher, dass man Unterschiede ‚on the long run‘ eher hinderlich findet. Das kann zu einem großen Problem werden.

Hat einer der Partner ein doch zu exotisches Hobby, das nicht prädestiniert ist, in gemeinsamer Zeit ausprobiert und praktiziert zu werden, dann muss es zwar nicht abgestellt werden, aber es belastet die Beziehung am wenigsten, wenn man bewusste „Solo-Zeiten“ dafür einräumt.

Gemeinsamkeiten leben, Unterschiede gelten lassen

Es ist also nicht so relevant, ob Partner, wenn nichts Gravierendes in ihren Anschauungen im Argen liegt, zwischen sich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede sehen, sondern ob sie die Gemeinsamkeiten gelebt kriegen, ohne sich zu erdrücken, und die Unterschiede gelten lassen können, ohne voneinander zu erwarten, dass sie sich immer mehr aneinander angleichen müssen. Wenn ein Partner sich für seinen Wunsch, seine Spezialitäten auszuleben, permanent diskreditiert sieht, wird er die Beziehung daran messen, wie viel Genuss und Freiheit sie ihm verwehrt. Das kann selbst eine intakte Partnerschaft und aufrichtige Liebe überstrapazieren. Wenn allerdings aus falsch verstandener Freiheitsliebe den trennenden Eigenheiten um ihrer selbst willen so viel Platz zugestanden wird, dass dies die Zeiten gemeinsamer, kooperativer, partnerschaftlicher Bezugnahme zur Welt zusammenschrumpft, dann sollte man das Gespräch darüber suchen, was geht und was nicht mehr geht. Letztlich ist eine Beziehung nicht zum Nulltarif zu haben.

Das Wichtigste ist aber wohl: Finden Sie eine Einstellung zu Ihrem Verständnis von Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Ihr Partner kann nur dann berechtigter Weise glauben, dass Sie auch seine Eigenheiten an ihm mögen, wenn Sie es nicht von vornherein zur Voraussetzung des Zusammenwachsens in der Beziehung machen, dass diese Unterschiede sich im Laufe der Zeit abzuschwächen hätten. Und wie immer gilt auch: Was Sie selbst zu geben bereit sind, können Sie auch zurück erwarten.

 

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