Hast du dich schon mal dabei erwischt, dass du über eine Person gedacht hast, dass sie dir besonders gut gefällt? Und dich dann für genau diesen Gedanken geschämt und ein schlechtes Gewissen gehabt hast, weil du bereits vergeben bist? Ich kann dich beruhigen, denn solche Gedanken sind durchaus normal. Sie sind kein Grund, sich selbst zu geißeln oder gar vorzuwerfen, man sei ein*e schlechte*r Partner*in, wie eine aktuelle Studie belegt.
Laut einer Studie betreffen diese Feststellungen, dass man auch andere Personen attraktiv findet und nicht nur den*die eigene*n Partner*in, Menschen jedes Geschlechts, jeder sexuellen Orientierung und in jeder Altersklasse. Unsere selektive Wahrnehmung mag uns vielleicht einreden, dass es eher die Männer sind, die sich vorstellen, wie es wäre, mit einer anderen Frau zusammen zu sein. Doch in der Realität tun es eben alle. Die einen mehr, die anderen eher weniger.
Kommt es darauf an, für wen man schwärmt?
Ob dieses Verhalten problematisch ist oder nicht, hängt natürlich immer von den Umständen ab, unter denen sich die sogenannte „Beziehungsambivalenz“ abspielt. Für eine*n Prominente*n zu schwärmen, kennen glaube ich die meisten von uns. Wer sich noch nie vorgestellt hat, wie es wäre, anstelle der*des eigenen Partners*in mit einem superreichen Weltstar eine Beziehung zu führen, der werfe den ersten Stein!
Auch beim Sex oder der Selbstbefriedigung mal an andere zu denken, ist (zumindest in den meisten Fällen) vollkommen unproblematisch. Die eigene Beziehung leidet in der Regel nicht darunter, wenn wir mal an eine*n Anderen denken und uns unseren Fantasien hingeben, statt immer in der Realität zu bleiben. Im Gegenteil: Es kann das Sexleben mitunter sogar anregen!
Doch auch für Arbeitskolleg*innen, Verkäufer*innen an der Supermarktkasse oder lose Bekanntschaften zu schwärmen, ist nicht per se problematisch, nur weil diese Personen in der Realität „leichter erreichbar“ sind als sagen wir, Brad Pitt oder Rihanna. Und damit das Risiko des „für eine*n anderen verlassen werden“ deutlich erhöht ist. Solch kleine Schwärmereien für einen anderen Menschen ebben in der Regel nämlich genauso schnell wieder ab, wie sie gekommen sind.
Wann wird Beziehungsambivalenz zu einem Problem?
Beziehungsambivalenz wird erst dann zu einem Problem, wenn sich echte Gefühle zu unserer „attraktiven Alternative“, wie die Forscher es in ihrer Studie nennen, entwickeln. Und wir anfangen, mit dem Gedanken zu spielen, unsere*n Partner*in für die andere Person zu verlassen. Es sollte jedoch betont werden, dass eben solch konkrete Gedanken sich meist nach Situationen aufdrängen, in denen es einen großen Streit gab. Oder Paare große Entscheidungen treffen müssen, zum Beispiel was ihre jeweiligen Jobs oder einen Umzug in eine andere Stadt betrifft. In „schwierigen“ Momenten einer Beziehung erscheint uns eine Alternative nämlich attraktiver als in Augenblicken, in denen wir auf Wolke Sieben schweben.
Die meisten Menschen fühlen während langer Beziehungen oder gar Ehen irgendwann einmal eine Beziehungsambivalenz, wo sie sich eine Partnerschaft mit einer Person ausmalen, mit der sie gar nicht zusammen sind. Es ist genauso normal, wie sich vorzustellen, wie das Leben wohl aussähe, wenn man einen anderen Job gelernt hätte. Wenn man in einem anderen Land geboren wäre. Oder wenn man sich doch gegen Kinder entschieden hätte. Alternativen zu überdenken ist noch lange kein Grund für ein schlechtes Gewissen – solange es eben bei den Fantasien bleibt.