Mehr romantische Liebe, bitte!

Kalkulierte Partnersuche oder gefunden werden von der Liebe? Was uns antreibt und was am Ende zählt. Ein Plädoyer von beziehungsweise-Autorin Christiane Lénard.

Im Grunde kann sich doch keiner wirklich der beschwingten Schönheit eines romantischen Liebesfilms entziehen. Und es funktioniert immer gleich und immer gut: Sie trifft ihn, er trifft sie, sie trifft sie, er trifft ihn – absolut zufällig und in einem Moment der eigentlich gar nicht passt (ein bisschen Spannung muss ja sein).

Beide spüren sofort, dass es anders ist als bei den 3795 Malen davor. Es muss wohl Liebe sein, die dann den Rest des Filmes Zeit hat, die Unwägbarkeiten (alte Beziehung, weit entfernter Job, persönliche Ängste und Bindungsschwierigkeiten usw.) aus dem Weg zu räumen, bis am Ende beide glücklich zusammenfinden. Die romantische Liebe hat gesiegt.

So wenig realistisch es auch ist, so häufig klammern wir uns an dieses Bild der perfekten leidenschaftlichen und romantischen Liebe, die sich der Planbarkeit und dem Pragmatismus entzieht und uns einfach zufällig findet. (Mein Kollege Eric Hegmann kritisiert das als “Disneyfizierung der Liebe“.)

Es könnte so schön sein

Es könnte doch so schön sein, denken wir noch beim Abspann des Filmes, während wir durch unsere Partnervorschlagsliste der Dating-App scrollen und gnadenlos aussortieren: Zu tätowiert, zu dicke Oberarme, zu viel Lächeln, zu wenig Lächeln, Sport: Fußball (also bitte), Hobby: Kumpels treffen (echt jetzt?), Musik: so gar nicht meine. Und das sind nur die Dinge, die wir schon auf den ersten Blick für unserer nicht würdig erachten. Sollte doch auf diesen eigentlich schon die Liebe da sein. Wie im Film eben. Ach, der Abspann ist schon durch. Schade. 

Was bleibt uns also anderes übrig? Arbeiten wir also jetzt – viel zuverlässiger als auf die sich uns entziehende zufällige Liebe zu warten – unsere 10 Punkte Checkliste ab und die Matches, die nicht alle Kriterien erfüllen aus. Fertig. Nächste*r bitte. 

In Rüstung gegen die Romantik

Ist es nicht ein Widerspruch, wenn wir mit dem romantisch verklärten Wunsch der großen Liebe, die uns zufällig findet, losmarschieren und auf dem Weg die Rüstung anlegen, die uns vor unbekannten oder unsere Freiheiten einschränkenden Begegnungen schützt und Bindungsabsichten abwehrt? Menschen, die nicht in unser Suchraster passen, werden durch das Selektionsvisier für uns nicht mehr wahrnehmbar.

Ganz ehrlich, so ausgerüstet kann uns keine romantische Liebe mehr finden. Erst recht nicht zufällig. Oder gar leicht. Denn es immer ein hartes Stück Arbeit, die ganze klirrende Montur abzulegen, falls doch mal jemand auf die wahnwitzige Idee kommt, die Person hinter dieser finden zu wollen. Unser inneres Filtersystem funktioniert so gut, dass es praktisch unmöglich ist, dass auch nur ein Hauch an Romantik oder Zufall hindurchsickert. 


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