Erziehen, ohne laut zu werden – so kann es klappen

Jeder, der Kinder hat, kennt die Situation, dass einem doch mal die Hutschnur platzt. Obwohl man eigentlich nicht schimpfen und meckern will. Die Autorin Nicola Schmidt hat dem Thema nun ein Buch gewidmet: „Erziehen ohne Schimpfen. Alltagsstrategien für eine artgerechte Erziehung“. Wir stellen Ihnen hier einen Auszug mit hilfreichen und praxisnahen Ideen vor 

Es gibt Momente, da können wir nicht mehr reden. Und wir wollen auch nicht mehr. Die Kinder hören einfach nicht mehr zu. Zähneputzen, Aufräumen, Fernsehen – wir haben es schon hundert Mal gesagt. Wenn Reden nicht mehr hilft, dann ist der Moment gekommen, es mal mit Humor und einem Spiel zu versuchen!

Warum Kinder manchmal blockieren

»Die am meisten unterschätzte menschliche Eigenschaft ist das Spiel«, sagte mir der TV-Journalist Tom Friedl einmal und damit hat er wohl recht. Wenn wir also Spiele gezielt zur Konfliktlösung einsetzen wollen, sollten wir uns die Situationen vornehmen, die im Familienalltag am schwersten sind.

»Bockst du schon wieder?«

Diese Frage ist nicht nur beschämend, sie führt auch zu nichts. Die Kinder bocken ja nicht. Sie blockieren, weil sie versuchen, ihre Selbstbestimmung durchzusetzen, weil sie eine Regel nicht verstehen oder nicht einsehen, was wir von ihnen wollen. (…) Wichtig für uns Eltern ist zu wissen: Das ist völlig normal. Und je besser und LIEBEVOLLER wir unsere Kinder dabei begleiten, desto eher ist es vorbei.

Notwendigkeiten und Vorbilder

Was die Hygiene betrifft, sollten wir Eltern uns fragen, was wirklich »not-wendig« ist. Viele Kinder müssen jeden Abend duschen – obwohl längst erwiesen ist, dass übertriebene Sauberkeit dem Säureschutzmantel der Haut schadet. Wenn unsere Kinder Probleme damit haben, sich morgens anzuziehen – warum legen wir sie nicht abends mit frischer Unterwäsche ins Bett, sodass sie nur noch Hose und Pulli überziehen müssen? Wie oft müssen Haare wirklich gewaschen werden und kann man dabei auch eine Taucherbrille tragen? Ist ein Kurzhaarschnitt für unsere kleinen Bürstenmuffel vielleicht eine bessere Idee? Was Medien und Süßigkeiten angeht, sollten wir Eltern uns klar darüber sein, dass die Kinder nicht das tun, was wir sagen, sondern das, was wir tun. Wenn Eltern mich fragen, was sie tun sollen, wenn das vierjährige Kind zu viele Chips isst, dann frage ich mich: »Warum habt ihr ständig Chips im Haus, wenn ihr sie – zu Recht – für ungesund haltet?« Und wenn wir während jedes Gespräches mit dem Kind nebenbei auf unser Smartphone schauen, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn der Teenager es uns gleichtut.

Macht und Ohnmacht

Grundsätzlich fahren sich Situationen zwischen Eltern und Kindern oft fest, wenn es um Macht und Ohnmacht geht. Da Eltern sowieso viel im Leben der Kinder ENTSCHEIDEN, wollen viele Kinder auch mal entscheiden – und das können sie am besten, wenn es um den eigenen KÖRPER geht und um Dinge, die wir von ihnen möchten, wie zum Beispiel sich anzuziehen. Wenn wir jetzt »durchziehen«, schädigen wir die Beziehung nachhaltig. Einem Kind mit Gewalt die Zähne zu putzen, ist für unser Kind ein traumatisches Ohnmachtserleben am eigenen Körper. Solche Übergriffe dürfen nicht passieren.

Wenn wir das Macht-Ohnmacht-Gefälle spielerisch auflösen, bleibt die Würde des Kindes intakt – und unsere eigene auch.


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