Ich liebe dich, aber ohne deine Kinder

Für beide ist es Liebe auf den ersten Blick, die ganz große Liebe, die Lebensliebe. Obwohl seine beiden Töchter liebenswert sind, will sie dennoch keine Familie, sondern nur einen Mann heiraten. Eine wahre Geschichte, aufgeschrieben von beziehungsweise-Autorin Birgit Ehrenberg

Sybilles erste Ehe ist kinderlos geblieben. Sie und ihr geschiedener Mann Peer haben nicht versucht zu verhindern, Kinder zu bekommen, sie haben nicht verhütet. Wäre Sybille schwanger geworden, hätte sie sich gefreut. Aber sie und Peer haben auch nicht dezidiert etwas dafür getan, Kinder in die Welt zu setzen, kein einziger trüber Gedanke, weil der Nachwuchs ausbleibt, erst recht kein verzweifelter Besuch in einer Kinderwunschklinik. Irgendwann ist Sybille 43 Jahre alt, aus ihrer Sicht ist die Zeit für ein Kind vorbei. Es sollte eben nicht sein, sagt Sybille. Sybilles Ehe mit Peer geht in die Brüche, die Luft ist einfach raus, das finden beide. Das Paar trennt sich ohne Dramen.

Ein Jahr nach der Scheidung lernt Sybille auf einer Party Johannes kennen. Für beide ist es Liebe auf den ersten Blick, die ganz große Liebe, die Lebensliebe; Sybille ist sicher. Johannes ist verwitwet, er hat zwei Töchter, Vera und Kim, acht und zehn Jahre alt. Jetzt habe ich doch Kinder, denkt Sybille und findet das erst einmal richtig gut. Die Mädchen sind lieb und nett, doch schon nach ein paar Monaten merkt Sybille: Ich bin wirklich erleichtert, dass ich keine eigenen Kinder habe. Das dauerhafte Zusammenleben mit ihnen ist nichts für mich. Kinder gehen mir auf die Nerven. Auch die von Johannes. Ich will ihn, aber am liebsten ohne seine Kinder. Ein Tabu.

Sybille findet Kinder langweilig und schämt sich dafür

„Ich glaube, ich kann das überhaupt niemandem erzählen, was ich im Innersten denke und fühle,“ sagt Sybille. „Kinder nicht zu mögen, dafür hat kaum jemand Verständnis, allenfalls verbitterte und bösartige Menschen. Mit denen möchte ich mich nicht identifizieren. In meinem Umfeld und im Umfeld von Johannes spielen Kinder allerdings eine zentrale Rolle. Sie werden als der Sinn des Lebens wahrgenommen. Es wird alles für sie getan. Und alles, was die Kinder tun und sagen, wird in den Himmel gehoben. Wenn sie anfangen, Klavier zu spielen und aufgefordert werden, etwas vorzutragen, gibt es von allen Seiten Begeisterungsstürme, egal, wie schrecklich sich das Spiel anhört. Wenn sie ein Bild gemalt haben, das grottenschlecht ist, führen sich die Eltern auf, als sei gerade ein Gemälde entstanden, das die Kunstgeschichte verändert. Kinder werden in Watte gepackt. Selbst wenn sie einen Pups lassen, wird der gefeiert. Es ist auch in Ordnung, wenn die Menschen das brauchen, dann sollen sie auf diese Weise leben.


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