Erste gemeinsame Wohnung? – 4 Tipps, damit das Vorhaben gelingt

Zusammen in die erste gemeinsame Wohnung zu ziehen, ist ein wichtiger Schritt in der Weiterentwicklung und Intensivierung einer Beziehung. Aber wann ist der richtige Zeitpunkt und was gibt es dabei zu beachten?

Mit einem Mann zusammenzuleben war bis vor Kurzem absolutes Neuland für mich. Bis zu meinem 30. Lebensjahr hatte ich tatsächlich noch nie mit einer männlichen Person zusammengewohnt. Ich wuchs ohne Papa auf und das männerfreie Lebensmodell war daher meine Norm. Die „typisch männlichen“ Eigenheiten, die die meisten Männer mit ins Zusammenleben bringen, waren für mich stets ein Graus. Und außerdem mochte ich es ungemein, mich in meine eigenen vier Wände zurückziehen zu können, wenn ich mal wieder Zeit für mich und meine Routinen brauchte. Eine gesunde Abgrenzung in Zweisamkeit fiel mir nämlich lange schwer.

Tatsächlich suchte ich mir früher lieber Fernbeziehungen und nicht so ganz freie Männer, mit denen sich die Frage nach der gemeinsamen Wohnung nicht stellte. „My home is my castle“ war meine Devise und das Beziehungsmodell des „Living apart together” (LAT) passte sehr gut für mich. LAT steht für ein Zusammensein, ohne dass man auch zusammenwohnt bzw. so, dass beide ihre eigenen Wohnungen behalten. Dieses Beziehungsmodell hatte mein altes bindungsängstliches Ich tatsächlich wunderbar gefunden. Ein bisschen Bindung, aber auch ganz viel Freiraum. Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Absolut typisch für Bindungsphobiker, die ständig Angst haben ihre eigenen Freiräume zu verlieren und zu tief in die Beziehung einzutauchen.

In den letzten Jahren habe ich ganz intensiv an meiner Bindungsangst gearbeitet und sie erfolgreich überschrieben. Ich habe die alten Glaubenssätze losgelassen, dass eine Beziehung den Verlust meiner Freiräume bedeuten würde und mich mit meinem Partner tatsächlich in unsere erste gemeinsame Wohnung gewagt.

Erst als ich mir selbst nah sein konnte, konnte ich auch einen anderen Menschen so nah an mich heranlassen, wie es das Zusammenleben mit sich bringt.

Irgendwie waren wir es leid, ständig abzusprechen, wo wir heute und wo morgen Nacht schlafen, ständig war ich mit einem großen Rucksack unterwegs und dennoch hatte ich immer irgendetwas Wichtiges nicht dabei. Ständig musste ich planen, ein-, aus- sowie umpacken, und je öfter ich bei ihm war, desto weniger fühlte ich mich in meiner eigenen Wohnung noch zu Hause. Schließlich trauten wir uns und sind dadurch heute noch so viel glücklicher und verbundener als zuvor.

Deshalb möchte ich folgende vier Tipps mit Ihnen teilen, die helfen, damit das Zusammenwohnen auch wirklich gelingt:

1. Zusammenwachsen und zusammen wachsen

Zusammen zu wohnen kann etwas Wunderschönes sein. Die Betonung liegt dabei allerdings auf „kann“! Denn nicht jede Paarkonstellation ist dafür gemacht auch in räumlicher Verbundenheit gut zu funktionieren. Es gibt Menschen, die quasi perfekt ineinandergreifen und sich wunderbar ergänzen und andere, die sich zwar lieben, gleichzeitig aber immer wieder gegenseitig ihre emotionalen Knöpfe drücken, so dass sich ein Zusammenleben wie ein Hürdenlauf über ein Minenfeld anfühlt. Wenn Sie sich fragen, ob Sie mit Ihrem Partner/Ihrer Partnerin zusammenziehen sollten, dann ist die wichtigste Frage, wie sehr sie bereit sind, sich innerhalb der Beziehung an die gemeinsamen Grenzen zu wagen, um das Territorium, das Sie bisher miteinander erkundet haben, zu erweitern. Inwieweit sind Sie bereit, auf den anderen und seine Bedürfnisse einzugehen sowie Ihre eigenen wahrzunehmen und zu verteidigen bzw. zwischen diesen teils konträren Perspektiven zu vermitteln? Sobald man die erste gemeinsame Wohnung bezieht, kann man sich nämlich nicht mehr hinter der räumlichen Distanz verstecken und muss viel mehr Themen miteinander klären. Die Frage nach dem Zusammenleben ist vielmehr die Frage danach, wie viel Sie an sich selbst und im Kontakt mit der anderen Person wachsen und dadurch zusammenwachsen wollen. Der andere Mensch ist die Projektionsfläche Ihrer Innenwelt, der Sie sich durch die fehlende Option des Rückzugs in sich selbst und die eigenen vier Wände nicht mehr entledigen können.

Jedes Problem, das Sie auf Ihren Partner projizieren, ist ein Problem in Ihnen und sagt mehr über Sie selbst aus als über Ihr Gegenüber. Die Frage zielt daher vielmehr darauf ab, ob Sie bereit sind, sich Ihrem Innenleben auf diese Art und Weise stellen zu wollen und dieses permanente Spiegeln Ihrer eigenen inneren Konflikte aushalten.


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