Bis das Glück sie scheidet

Sie liebten sich, aber durften kein Paar werden. Unsere anonyme beziehungsweise-Autorin erzählt die anrührende Liebesgeschichte ihrer Eltern

Meine Mama kommt aus einem kleinen Dorf im Norden. Sie war das zweite Kind meiner Großeltern und ähnelte denen so gar nicht! Während alle anderen groß waren und meist grüne Augen hatten, war sie besonders: Ihre Statur war klein und leicht gedrungen. Ihre Augen blaugrau. Lediglich die kastanienfarbenen Haare hat sie von meiner Oma.

Sie war so wundervoll und schön. Wenn ich heute Bilder von ihr betrachte, sehe ich, wie groß ihr Herz schon damals war. Wie sie ihrem Bruder immer Streiche spielte, wie sehr sie als kleines Kind litt, wie sehr ihre Augen dennoch leuchteten. All das und noch viel mehr machen sie für mich zur schönsten Frau.

Sie war 21, als eine Freundin vorschlug, nach Hamburg zu fahren. Sie setzten sich in ein Restaurant, ein indisches. Noch heute kennt mein Papa dessen Anschrift, obwohl es schon lange nicht mehr existiert. Mama bestellte eine Cola. Nach kurzer Zeit sah sie, wie ein Kellner zitternd die Cola neben sie stellte und sie mit seinen großen braunen Augen anschaute. Mit seinem vollen schwarzen Haar, seinen tiefbraunen Augen, seiner schlanken, großen Statur, ließ er einige Herzen höherschlagen, aber sie war es, meine Mama, die sein Herz höherschlagen ließ.

Mein Papa, er kommt aus dem Punjab und konnte damals noch sehr schlecht Deutsch. Er war auch überhaupt nicht ihr Typ! Ihr war der Arme zu dünn. Sie schenkte ihm weiter keine Aufmerksamkeit und sie fuhren wieder heim. Warum dachte sie sich denn nichts dabei? Mein Vater hätte der in Deutschland lebende Shah Rukh Khan sein können!

Einige Zeit später besuchte sie die Markttage in der nächsten Stadt, als sie ihn wieder sah. Mein Vater half bei seinem Onkel aus und wie es der Zufall wollte, gerade in dieser Stadt. Ein Wink des Schicksals? Er ergriff sofort seine Chance und sprach sie an. Er fragte, ob sie was trinken mag, doch sie lehnte ab.

„Wo wohnst du?“, fragte er. Sie nannte den kleinen Ort. „Aber warum fragst du?“, antwortete meine Mutter. Seine braunen Augen leuchteten: „Ich ziehe dorthin. Besuch mich doch!“, sagte er lächelnd.

In unserem kleinen Dorf gab es eine kleine Unterkunft, in der Migranten billig wohnen konnten. Und genau dort würde er nun hinziehen. Nicht nur sieht sie ihn tatsächlich wieder – er zieht sogar ins gleiche Dorf! Dennoch meinte sie nur: „Ja ja, ich komme dich mal besuchen.“

Bis dahin vergingen Wochen. Er rechnete schon gar nicht mehr mit ihr, bis sie plötzlich vor seiner Tür stand. Es entwickelte sich etwas Lockeres, nichts Ernstes. Aber es lag doch etwas in der Luft. Jeder amüsierte sich, wenn die beiden zusammen waren. Beide waren noch sehr jung! Sie rannten um ein Auto herum, mein Vater wollte meine Mutter fangen und sie lief lachend davon. Sie schrieben kleine Zettelchen und genossen die Zeit.

Mama erzählt mir heute noch Geschichten, wie sie im Sommer nachts auf der Wiese lagen. Wie mein Vater so süß im See paddelte, weil er nicht schwimmen kann. Wie mein Papa immer viel zu scharf kochte. Wie sie ihm in den Augen sah und wusste, es ist mehr als eine Bestimmung.


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