Wer unehrlich ist, weil er den anderen nicht verletzen will, tut nichts Gutes. Weder für sich noch für den anderen. Das hat jetzt eine Studie belegt, hat beziehungsweise-Autorin Bianka Echtermeyer nachgelesen
„Ach, Quatsch. Das hat mir überhaupt nichts ausmacht. Ich habe mir gar keine Gedanken darüber gemacht.“ Kennen Sie das auch? Waren Sie schon einmal unehrlich, weil Sie geglaubt haben, der andere könnte die Wahrheit nicht vertragen?
Also, ich zumindest öfters. Aber ich mache mir inzwischen so meine Gedanken zum Thema Ehrlichkeit. Gut, Offenheit ist natürlich ein riesiger Begriff. Ich rede nicht von dieser radikalen, verletzenden Art der Ehrlichkeit: „Hallo XY, schön, dass ich dich hier zufällig treffe. Mensch, du hast aber zugenommen. Außerdem siehst du total fertig aus. Hast du eine Woche nicht geschlafen?“
Es geht nicht darum, gemein zu werden
Diese Ehrlichkeit meine ich nicht. Es geht um den Bereich, in dem ich mich oft selbst verletzt gefühlt, dies aber nicht angesprochen habe. Oder jemanden nicht offen gesagt habe, wie es mir mit ihm oder in der Situation ging. Dass ich zum Beispiel ein Date im Autohaus ziemlich unpassend finde. Oder dass ich es nicht mag, wenn ich stundenlang zugequatscht werde. Meistens sage ich dann nichts oder etwas anderes. Doch – was hält mich eigentlich ab? Die gute Erziehung? Oder vielleicht die Angst vor einem Konflikt, wenn ich zu meinen Gefühlen stehe und der andere sich daraufhin verteidigt?
Nun habe ich dazu eine interessante Studie im „Journal of Experimental Psychology“ der Universität Chicago gelesen. Die Forscher gingen bei ihrem Experiment wie folgt vor: Sie teilten die Teilnehmer in zwei Gruppen auf. Die ersten sollten radikal offen sein und die zweiten ehrlich in Situationen, die sie ansonsten vermieden hätten. Alles für exakt drei Tage. Danach wurden die Probanden wieder befragt und – das ist besonders heikel – auch die Menschen, mit denen sie offen waren.