Liebe ist wichtiger als ein Trauschein

Die Frage nach dem Trauschein droht die Beziehung eines sonst überaus glücklichen Paares zu zerstören. Philosophin und Liebesforscherin Birgit Ehrenberg hat für beziehungsweise aufgeschrieben, worum es in diesem Konflikt tatsächlich ging

Katharina und Philip sind ein Traumpaar, innerlich und äußerlich. Man sieht ihnen die Liebe an, wenn sie Hand in Hand durch die Stadt laufen, sie strahlen um die Wette, so sieht Seelenverwandtschaft aus. Das Glück ist ihnen nicht in den Schoß gefallen, sie haben dafür gekämpft. Beide haben für den anderen ihren Ehepartner verlassen, die Scheidung eingereicht, weil sie wussten: Der Richtige, die Richtige, der, die ist jetzt da!

Seit vier Jahren leben die beiden zusammen – mit Katharinas Kindern, Philips Sohn kommt drei Tage in der Woche. Auch das Patchwork-Prinzip klappt hier, alle haben sich lieb. Was niemand weiß: Seit knapp einem Jahr gibt Tag für Tag Streit. Katharina fehlt nämlich etwas, eine Kleinigkeit, etwas Großartiges, je nach Auffassung: Katharina fehlt ein Ring, ein Ehering, ein gemeinsamer Name an der Tür, eine Hochzeit. Die Ehe ist für sie die unumstrittene Krönung wirklich bedeutender Gefühle. Für sie zählt nicht „nur“ die Liebe. Philip will auf keinen Fall ein zweites Mal heiraten. Er denkt das Gegenteil: Nur die Liebe zählt, die Ehe macht die Liebe kaputt.

Katharina wünscht sich einen Ehering

„Ich kann nicht verstehen, warum er mir diesen Gefallen nicht tut, einfach Ja sagen, offiziell Ja sagen“, seufzt Katharina und knetet die Knöchel ihrer Hand, bis sie weiß hervortreten. Sie ist nervös, sie ist dauerhaft im Innersten aufgewühlt, sie kann sich kaum noch beruhigen. Sie weiß, dass sie mit ihrer kategorischen und militanten Forderung nach einer Heirat eine Grundsatzfrage in die Beziehung mit Philip bringt, die die Partnerschaft ernsthaft gefährdet. Denn Ehe oder nicht Ehe, das ist ein Thema, das sich mehr und mehr in den Alltag eingeschlichen hat wie ein Gift.


Weitere interessante Beiträge