Sollte man nur in klassischen Liebesbeziehungen Kinder bekommen? Unsere anonyme beziehungsweise-Leserin findet, dass man auch in einer besonderen, exklusiven Form der Freundschaft Plus Eltern werden kann
Ich liebe meinen Freund – den Vater meines Kindes – nicht, zumindest nicht so, dass es sich wie jene Liebe anfühlt, die ich früher mit anderen Männern teilte. Mein Freund ist halt wirklich mein Freund. Wir sind Freunde, und zwar schon eine lange Zeit, kennen uns seit fast zehn Jahren. Wir teilten zunächst ein gemeinsames Hobby, später immer mehr freundschaftliche Erinnerungen. Erst viel später teilten wir auch das Bett. Es geschah aus Neugier, aber ohne ein Verlangen, das uns schier verzehrte. Einige Monate lang diskutierten wir das Für und Wider, unsere Freundschaft um das sprichwörtliche „Plus“ zu ergänzen. Wir hatten Angst, es könnte unsere freundschaftliche Beziehung gefährden und nichts wäre anschließend mehr so, wie es vorher war.
Am Ende stellten wir fest, dass sich für uns nichts zum Schlechteren verändert hatte. Im Gegenteil. Das „Plus“ war ein echter Zugewinn. Oft stellten wir uns danach noch scherzhaft die Frage, warum wir nicht schon viel früher auch eine sexuelle Beziehung gepflegt hatten. Die Antwort, die wir uns gaben, ist simpel und banal: Als wir uns kennenlernten, hatten wir uns beide noch in Beziehungen befunden. Wir lernten uns platonisch als Freunde kennen und schätzen. Etwas anderes kannten wir schlicht und einfach gar nicht. So wie der Bäcker an der Ecke, bei dem wir uns schon als Kinder etwas Süßes gekauft haben, immer „der Bäcker an der Ecke“ bleiben wird – auch wenn er vielleicht längst umgesattelt hat und inzwischen als Software-Entwickler arbeitet.
Wir hatten also irgendwann eine echte Freundschaft Plus – nicht so ein komisches Kraut-und-Rüben-Etwas, das eigentlich eine reine Sexbeziehung bezeichnet, in der sich beide zusätzlich halt auch menschlich etwas mögen. Wir waren echte Freunde. Und wir führten irgendwie eine Beziehung. Aber eine Liebesbeziehung wollte das keiner von uns beiden nennen. Dafür benahmen wir uns über weite Strecken hinweg einander gegenüber einfach zu „geschwisterlich“. Uns fehlte außerhalb des Bettes die bedingungslose Leidenschaft füreinander (das ist noch heute so). Da muss es in Liebesbeziehungen wohl irgendetwas geben, das freundschaftliche „Liebe“ von einer Liebesbeziehung (oder wie auch immer man dieses Frau-Mann-, Frau-Frau-, Mann-Mann-Dings usw. nennen mag) unterscheidet. Dieses Etwas gibt es bei uns jedenfalls nicht.
Wir sind manchmal etwas nüchtern miteinander, manchmal etwas infantil, manchmal ziemlich derbe. Und wir brauchen nicht viel Nähe. Räumliche Nähe. Wir haben unsere eigenen Leben, eigene Freunde, und auch ein paar gemeinsame. Wir haben unsere Jobs. Wir freuen uns, wenn der andere auch mal nicht da ist, vielleicht auch wochenlang. Wir können also auch gut ohne einander, aber es gibt uns eben auch sehr viel, zusammen zu sein, Zeit miteinander zu verbringen, auch Alltägliches zusammen zu erleben. Und wir sind immer füreinander da, wenn Not an der Frau oder am Mann ist.