Persönlichkeitsstörung oder schlechter Charakter?

Unser anonymer beziehungsweise-Leser hat eine Frau kennengelernt, die ihn erst den Himmel und dann unvermittelt die Hölle auf Erden hat erleben lassen. Er fragt sich nun: Verbirgt sich hinter dem Love Bombing eine Persönlichkeitsstörung?

Ich hatte eine kurze, aber unglaublich intensive Liebesbeziehung zu einer Frau. Es waren nur knappe fünf Monate, aber es war die schönste Zeit meines Lebens. Wir lernten uns ganz klassisch auf einer Szene-Party über einen Bekannten kennen. Ich erfuhr im ersten Gespräch direkt, dass sie vergeben war und seit 17 Jahren eine Beziehung führte. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich offen für eine neue Partnerschaft war, schied sie nun aus.

Wir unterhielten uns in den nächsten Wochen dennoch regelmäßig und schrieben miteinander, für mich eine rein platonische Angelegenheit, denn sie war ja vergeben. Ich erfuhr erst später von ihr, dass sie meinetwegen ganz gezielt den Ort aufsuchte, wo sie sicher sein konnte, mich zu treffen, denn sie fand mich nett und interessant und wollte mich näher kennenlernen.

Nach einem weiteren abendfüllenden Gespräch und etlichen Stunden Schriftwechsel am nächsten Tag offenbarte sie mir, dass ihre Beziehung längst kaputt sei und nur noch den Charakter einer Wohngemeinschaft hätte. Sie hätte keine Gefühle mehr für ihren Partner, der sie schon seit sieben Jahren nicht mehr angefasst hätte.

Dass sie Interesse an mir hatte, war klar und so kam, was kommen musste: Ich fand sie ebenfalls äußerst attraktiv und aufgrund ihres Wesens sehr reizvoll. Beim nächsten Treffen küsste ich sie, dann kam sie an zwei aufeinander folgenden Tagen zu mir nach Hause und es entwickelte sich eine hochemotionale Affäre. Zu dem Zeitpunkt machte ich mir noch keine Gedanken, was genau das später mal werden sollte, sondern genoss den Moment.

Skrupel hatte ich auch keine, denn sie betrog ja ihren Noch-Partner – und nicht ich. Heute weiß ich, dass diese Sichtweise ein großer Fehler von mir war, die einem anderen Menschen großes Leid zugefügt haben könnte. Wir führten nun in den nächsten knapp drei Wochen eine heimliche Affäre (Händchen halten unter dem Tisch beim Ausgehen, damit dies gemeinsame Bekannte ihres Noch-Partners nicht sahen).

Hätte sie in dieser Phase gesagt, dass sie ihr altes Leben nicht gefährden möchte und unsere Affäre schweren Herzens beendet, wäre das ein gängiges Verhalten gewesen, das sehr schade gewesen wäre, aber das ich verstanden hätte und mit dem ich hätte leben können. Doch es kam ganz anders. Sie sagte, dass sie es sich ohne mich schon gar nicht mehr vorstellen könne und dass sie sich von ihrem Noch-Partner trennen werde. Das ginge aber nicht so einfach, da sie ihre Wohnung nicht alleine finanzieren könne.


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