Unsere Autorin hat sich in einen Mann verliebt, der nicht ihre Sprache spricht. Nun müssen sie sich auf Englisch verständigen. Kann das auf Dauer funktionieren?
Er kommt aus Nigeria, ich komme aus Deutschland. Er spricht Edo. Ich spreche Deutsch. Wenn wir uns miteinander unterhalten, sprechen wir immer Englisch, denn das ist die einzige Sprache, auf der wir uns überhaupt verständigen können. Glücklicherweise beherrschen wir beide die englische Sprache gut, sodass die Kommunikation zwischen uns beiden kein großes Problem ist. Eigentlich …
Wir sprachen von Anfang an Englisch
Wir lernten uns beim Sport kennen und sprachen von Anfang an Englisch, was für mich zunächst kein Problem darstellte. Er erklärte mir seine Situation: Dass er vor einem Jahr nach Deutschland gekommen sei, einen Deutschkurs angefangen habe, ihn aus finanziellen Gründen aber nicht habe beenden können und somit gezwungen gewesen sei, seine Deutschkarriere auf Eis zu legen. Natürlich habe er das wenige, erlernte Wissen auch kaum anwenden können, denn er lebe ja schließlich hier in Hamburg, einer internationalen Stadt, wo man mit Englisch auch über die Runden kommen könne. Irgendwie nahm ich das so hin und textete ihn weiter auf Englisch zu. Ganz automatisch bestellte ich immer für uns beide, wenn wir im Restaurant essen waren, übersetzte ihm seine Post und begleitete ihn zum Arzt oder zu anderen Erledigungen, wo er mein Deutsch gebrauchen konnte.
Ich hatte eine andere Persönlichkeit
Zugegeben, ich hinterfragte all das wenig, bis zu jenem Tag, an dem ich einer Freundin davon erzählte, die gerade von einer zweimonatigen Thailand-Rundreise wiedergekommen war. Sie hatte während ihrer Reise einen anderen Backpacker kennengelernt, der aus den USA kam. Und sie reisten eine ganze Weile gemeinsam, bis zu dem Zeitpunkt, als sie genug hatte – nicht von ihm, sondern von sich selbst, von ihrer Persönlichkeit, die so ganz anders war, wenn sie Englisch sprach. Sie erzählte mir, dass sie manchmal ein ganz anderer Mensch gewesen sei, dass sie sich anders ausgedrückt habe, als sie es in ihrer Muttersprache getan hätte. Wenn sie Englisch sprach, dann sagte sie manche Sachen viel zu schnell, viel zu unüberlegt, weil sie sich der Worte einfach nicht bewusst war. Es war, als gäbe es in der englischen Sprache keine Barriere, kein Scham Gefühl, kein Halt. Sie habe geredet wie ein Wasserfall und das, was aus ihrem Mund kam, war ihr oft egal, denn es war ja nicht ihre Sprache, sondern eine andere.
Sie sagte, dass es vielleicht albern sei, was sie da sage, aber ich stoppte sie, denn ich erkannte mich in ihren Worten unerwartet wieder. Nie hatte ich darüber nachgedacht, ob ich immer noch hundert Prozent ich bin, wenn ich eine andere Sprache spreche, doch nach ihrem Geständnis musste ich mir ebenfalls eingestehen, dass ich manchmal wie ausgewechselt war. Ich benutzte andere Worte, drückte mich anders aus und wirkte damit auch anders auf meinen Partner. Ich erzeugte ein falsches Bild von mir selbst.