Mein Mann will bei der Geburt nicht dabei sein – Ein schlechtes Zeichen für unsere Beziehung?

Nein. Muss es nicht. Warum es sich trotzdem lohnt, ganz genau zu überlegen, was für sie und ihn gut ist, verrät unsere Autorin

Die gute Nachricht vorweg: Machen Sie sich keine Sorgen, allein der Umstand, dass Ihr Partner nicht bei der Geburt dabei sein will, ist kein schlechtes Zeichen für Ihre Beziehung. Und noch eine gute Nachricht: Er kann trotzdem ein guter Vater werden.

Vom Ausgeschlossenen zum Händchen haltenden Zuschauer

Über Jahrhunderte hinweg war es undenkbar, dass ein Mann einer Geburt beiwohnte. Das Gebären war reine Frauensache. Hebammen unterstützen die Frau, das Kind auf die Welt zu bringen. Den vor dem Gebärzimmer wartenden Vätern in spe wurde nur kurz das Geschlecht des Kindes mitgeteilt und damit war die Sache für sie erledigt.

Dass Männer ihren Frauen bei der Geburt Händchen halten und mit Ihnen gemeinsam die Wehen wegatmen dürfen oder sollen, ist, historisch gesehen, die überaus rasante Entwicklung der letzten 40 Jahre.

Als die Wissenschaft  – und etwas später auch die Welt  – das Bonding, die Wirkung der Väter auf die Entwicklung ihrer Kinder, die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau und Männer ihre neue Rollen entdeckten, wurde es für werdende Väter unbequemer. Denn das ist es schließlich. So eine Niederkunft ist keine entspannte Angelegenheit. Dennoch: 90% der werdenden Väter begleiten ihre Partnerin in den Kreißsaal. Ob sich allerdings alle ganz freiwillig dieser scheinbaren Selbstverständlichkeit beugen, ist fraglich. Und ob es in allen Fällen das Beste ist, sollte man wenigstens diskutieren dürfen.

Zwischen Selbstverständlichkeit, Wunsch und Angst

Für viele Männer ist es ganz natürlich, dabei zu sein, wenn ihr Kind auf die Welt kommt. Sie wollen die Partnerin unterstützen und vom ersten Augenblick ihrem Nachwuchs nah sein. Aber danach gefragt, sagen die meisten von ihnen auch, dass sie Angst davor haben, machtlos zuschauen zu müssen, wie sich ihre Frau unter den Geburtsschmerzen windet. Gerade diese befürchtete Passivität ist schwer für Männer auszuhalten. Nicht zuletzt, weil sie sich als diejenigen verstehen, die die Ärmel hochkrempeln und anpacken und das tatsächlich wortwörtlich. Allein das Dasein für die Partnerin ist nicht genug in ihren Augen. Überdies fragen sie sich vielleicht, wie sich das Erlebte später auf die Sexualität auswirken wird.

Die schwangeren Frauen sind zumindest hochgradig irritiert, wenn ihr Partner unter oben genannten Gründen seine Anwesenheit im Kreißsaal in Frage stellt. Ist es vielleicht ein Zeichen für mangelnde Nähe oder Liebe? Stimmt etwas nicht in unserer Beziehung? Warum will er mir nicht beistehen und unser Kind in Empfang nehmen? Wie wird er dann als Vater sein, wenn er jetzt schon kneift?

Wissend um diese Gedanken und die gesellschaftlichen Erwartungen, fühlen sich viele Männer unter Druck gesetzt, sie müssten bei der Geburt dabei sein. Eine Zwickmühle.


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