Ich bekomme keinen Tag zurück

Ist Liebe stärker als die Droge? Unsere anonyme Autorin hat den Kampf aufgenommen, um mit dem Mann, den sie liebt, endlich zusammensein zu können. Ist sie stark genug? Und wird er für sie den Entzug durchhalten?

Ich hatte mich gerade von meinem Mann getrennt und stand noch irgendwie völlig neben mir. Es war eine Zeit, in der ich alles nutzte, um mich von dem Schmerz, der Wut und dem Schock abzulenken. Ich hatte mich auf etlichen Dating-Seiten angemeldet und verbrachte meine Abende mit Wein trinken und chatten. Irgendwann schriebst du mich an. Ich merkte sofort, dass du sowas noch nicht oft gemacht hast. Wir schrieben sehr lange und irgendwann telefonierten wir. Du hast es geschafft, mich in dieser, für mich schweren Zeit abzulenken und sogar zum Lachen zu bringen.

Du erzähltest mir sofort beim ersten Telefonat sehr viel aus deiner Vergangenheit. Was ich als großen Vertrauensbeweis deutete. Allerdings schockierte es mich dermaßen, dass ich mich entschied, den Kontakt zu beenden. Du erzähltest nämlich, dass du lange Zeit im Gefängnis warst, weil du früher viel Mist gemacht hast und dass du früher Drogen genommen hast. Ich hatte noch nie mit sowas zu tun und das war mir zuviel.

Etwa eine Woche später, ich saß wieder einsam und allein in der leeren Wohnung, da schrieb ich dich an. Du antwortetest recht schnell und ich merkte, dass du überrascht und glücklich warst, doch nochmal von mir zu hören, obwohl ich dir gesagt hatte, dass ich keinen Kontakt mehr möchte. Von nun an schrieben und telefonierten wir regelmäßig. Du erzähltest mir immer mehr von deinem Leben, deiner Kindheit, deinen Enttäuschungen und Verletzungen und warum du so geworden bist, wie du heute bist. Du hast mir leid getan.

Du wurdest als Kind auch von deinen Eltern misshandelt, genau wie ich. Allerdings war es bei dir so, dass sie dir gar nichts beibrachten. Mir hat man trotzdem einige Werte und Regeln und Umgangsformen vermittelt. Du wurdest regelrecht vernachlässigt und in sehr jungen Jahren rausgeschmissen. Mitten in einer Großstadt, Mitten im Milieu.

Ich dachte darüber nach, was aus mir unter diesen Umständen wohl geworden wäre. Hätte ich nicht viele Jahre immer wieder Therapien gemacht, um meine Kindheit zu verarbeiten. Du hast Angst davor, eine Therapie zu machen, weil du nicht noch einmal alles durchleben willst. Und weil du diese Angst schon so lange vor dir her schiebst, ist sie so groß geworden, dass sie außer Kontrolle geraten ist. Deine Alpträume, deine Depressionen, die Angst hat Macht über dich bekommen. Und der einzige Weg, den du gefunden hast, irgendwie damit zu leben, ist, dass du dich betäubst, um die Angst nicht zu spüren.


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