Ihr seid mein Inbegriff von Liebe

Meine Eltern sind seit 24 Jahren verheiratet. Heute möchte ich ihnen dafür danken, denn durch sie weiß ich, dass es sie gibt: Die eine ganz große Liebe

Sie blinzeln sich heimlich zu, verschlingen ihre Beine unter dem Tisch ineinander, teilen sich eine Gabel, trinken aus derselben Kaffeetasse, halten sich an der Hand, wenn sie die Allee entlang spazieren, streichen sich über den Rücken, legen die Hände während der Autofahrt aufeinander, geben sich immer einen Guten-Morgen Kuss, haken sich ein, drücken sich einen Kuss auf die Stirn, sagen, dass sie sich lieben – meine Eltern. Seit 24 Jahren.

Manchmal bin ich wirklich wütend

Hätte ich es meinen Eltern gleichgetan, wäre ich zu diesem Zeitpunkt bereits Hals über Kopf verliebt. Dann wäre ich im Fitnessstudio längst dem begegnet, der ganz locker die 130kg auf der Flachbank drückt. Oder ich hätte ihn längst in dem kleinen Club getroffen, in dem ich meine Kontaktlinse verliere und wir sie gemeinsam suchen. Dann hätte er mich schon mit seinem kleinen roten Flitzer zu einer Spritztour eingeladen. Dann läge ich jetzt bereits in seinen starken Armen, die mich so fest an seine Brust drücken, dass ich seinen Herzschlag spüren kann, der längst für mich schlägt.

Aber so ist es nicht. Bei mir gibt es immer noch verschiedene Liebeleien, allerdings mit wenig Bedeutung: Ich habe mal hier ein Date, mal da. Mal trifft man sich ein zweites oder drittes Mal, manchmal bleibt es aber auch bei dem einen Treffen. An manchen Tagen bin ich wirklich wütend, dass ich Papas dünnes Haar und Mamas Muttermale vererbt bekommen habe und nicht deren Glück für die große Liebe. Aber an anderen Tagen wiederum sehe ich mir die beiden nur an und werde wieder von einem großen Schub Glauben an die eine große Liebe überrannt.


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