Mein Leben: eine Lüge

Sie hatte ihn zu Beginn ihrer Beziehung belogen, dann nahm sie all ihren Mut zusammen und erzählte ihm die Wahrheit über sich. Unsere anonyme Autorin über die überraschenden Auswirkungen einer Lüge

Dieser eine Abend, der mein Leben komplett auf den Kopf stellte. Oft frage ich mich, ob ich genauso gehandelt hätte, wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt. Mein Leben war ein einziges Chaos, ich wollte ausgehen, Spaß haben und nur ein Mal wieder ich selbst sein. Und dann traf ich ihn. Er war der Sänger einer Band und ich himmelte ihn regelrecht an. Schnell kamen wir ins Gespräch und eins führte zum anderen.

Ich war wie in einer anderen Welt. Wir tauschten unsere Nummern aus und fingen an, uns zu schreiben und uns regelmäßig zu treffen. Er hatte eine Freundin und studierte weit weg in einer anderen Stadt und war nur selten in dem Ort, in dem ich lebe. Wenn er da war, trafen wir uns und verbrachten wunderschöne Stunden zusammen. Bis ich langsam merkte, dass er mein erster Gedanke nach dem Aufstehen war und mein letzter, wenn ich ins Bett ging.

Das Problem an der ganzen Geschichte: Ich war nicht die 24-jährige, frisch getrennte Frau, die ich ihm bei unserem ersten Treffen vorgestellt hatte. Ich war 27, steckte mitten in einer richtig miesen Trennung und war alleinerziehende Mama mit zwei Kindern. Wie oft wollte ich ihm die Wahrheit sagen und konnte es nicht, weil ich Angst hatte, er sieht mich sonst so wie mich alle anderen Männer sehen, wenn ich ihnen von meinem Leben erzählte.

Also ließ ich unsere Affäre weiter laufen und genoss es, dass er mir ein Stück meiner Jugend wieder gab und mir half, mich selbst wieder zu finden. Ich führte ein Doppelleben, in dem ich einerseits eine berufstätige, alleinerziehende Mutter auf Selbstfindungs-Trip war und andererseits eine junge, freie, unabhängige, lustige Frau, die sich Hals über Kopf in ihre Affäre zu verlieben begann. Das ging so lange gut, bis er über die Sommermonate in unsere Stadt kam. Früher oder später würde er mich mit meinen zwei Kindern sehen und wissen, dass ich nicht die bin, für die ich mich ausgegeben hatte.


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