Das glauben Sie nicht? Dann wagen Sie doch einmal ein Experiment: Sagen Sie bei Argumenten statt „aber“ doch einfach mal „gleichzeitig“
Wenn Paare miteinander sprechen, ist das ja so eine Sache: Nicht alles, was Partner A sagt, kommt auch bei Partner B an. Missverständnisse pflastern den ohnehin unebenen Weg der Paarkommunikation wie fiese, tiefe Schlaglöcher. Einmal nicht richtig aufgepasst, schon steckt man knietief drin.
Die Folgen: so unangenehm wie erwartbar. Einer schmollt, der andere redet sich in Rage. Manche werfen mit Altgeschirr. Einer geht alles noch mal von vorne durch, nur damit eine merkt, dass sie die ganze vermaledeite Angelegenheit einfach komplett falsch verstanden hat, haben muss!
Also streiten wir uns – wider besseren Wissens und wieder um genau die gleichen Dinge, über die wir uns schon 138 Mal zuvor gestritten haben. Gern über Geld und wie es idealerweise unter die Leute zu bringen ist (Garantiert nicht so, wie es der Partner tut, dieser elende Verschwender). Vermeintliches Fremdflirten ist noch so ein Thema, bei dem sich Zwei so richtig stressen können. (Warum muss der Typ, bei dem sie den Kochkurs belegt, denn bitte so schön aussehen wie Ryan Gosling? Das kann doch kein Zufall sein!) Oder A und B zoffen sich um die Kindererziehung, den Umgang mit den Schwiegereltern, die Freizeitgestaltung, die Farbe der Unterhosen, you name it …
Die große Macht der kleinen Worte
Was uns dabei meist nicht bewusst ist: Welche Macht die Worte haben, die wir während einer Auseinandersetzung benutzen. Damit sind nicht die Verbalkeulen gemeint, die offensichtlich unter die Gürtellinie hauen – mit solchen hantieren wir hoffentlich sowieso nur äußerst selten bis nie.
Nein, hier ist die Rede von einem kurzen Wort, dass jedoch große, destruktive Kraft besitzt: das Wort „aber“. Kommt als kleine Konjunktion daher, die es in sich hat.
Beispiele? Beispiele!
Ich liebe Dich, aber ich kann nicht ertragen, dass Du so viel rauchst.
Ich mag Deine Mutter wirklich, aber sie geht mir manchmal echt auf die Nerven.
Ich freue mich echt über deinen spontanen Anruf, aber ich bin gerade voll im Stress.
Durch „aber“ werden Gegensätze zementiert
Welchen Eindruck hinterlassen diese Sätze mit „aber“? Die Information, die vor dem „aber“ kommt erscheint unwichtiger als die nach dem „aber“. Das Wort drückt Gegensätze aus, es signalisiert deutlich, dass hier jemand Vorbehalte ausspricht. Oder glauben wir der Person, die den Satz „Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber …“ sagt, ernsthaft noch, dass Sie wirklich nichts gegen Ausländer hat?
Die US-amerikanische Psychologin und Autorin Erica Reischer hat einen Bestseller über die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern geschrieben („What Great Parents Do – 75 Simple Strategies For Raising Kids Who Thrive“), in dem sie sich unter anderem mit der „negativen Wirkung“ des Wortes „aber“ befasst. Gerade wenn man eine Gefühlsregung ausdrücken möchte, schaffe es das „aber“ diese klein zu machen (siehe Beispiele oben). Die für Paare so wichtige emotionale Bindung werde dadurch angegriffen, sagt Reischer.