An meinen Seelenverwandten

Manchmal liebt man einen Menschen genau aus den Gründen, die dagegensprechen. Unsere Leserin Anja schreibt an ihren besten Freund und ihre große Liebe

Kennst du das Gefühl, wenn man sich gegen eine Wand gedrückt fühlt? Das kann einerseits ein negatives oder andererseits ein positives Gefühl sein. Genau das ist das Gefühl, das ich jedes Mal empfinde, wenn wir uns sehen. Egal ob negativ oder positiv. Mal so, mal so. Meine Beine sind wie Wackelpudding, meine Hände fangen an zu schwitzen und meine Stimme macht, was sie will. Ich bin einfach machtlos. Gegen dieses Gefühl, gegen dich. Du löst bei mir etwas aus, das mich nicht mehr klar denken lässt. Du hast dich bestimmt schon oft gefragt, warum ich einen Zettel brauche, wenn ich dir was wirklich Wichtiges sagen möchte. Ja, jetzt weißt du es.

Manchmal liebt man eine Person, weil man sich bei ihr zuhause fühlt. Egal wo wir sind: Ich weiß, wenn du da bist, dann bin ich gut aufgehoben. Du bist mir als Person wahnsinnig wichtig und allein die Vorstellung, dich nicht mehr zu kennen, macht mir Angst.

Wenn ich mir heute vieles durchlese von früher, egal ob Nachrichten, Briefe oder Karten, fällt mir auf, wie sehr du mich mehr geliebt hast als ich dich. Einmal schriebst du einen Satz: “Aus einer guten Freundschaft wurde die Liebe, die viele nie finden.” Dieser Satz hat sich bei mir eingebrannt. Und vielleicht ist es jetzt umgekehrt. Ich liebe dich mehr als du mich, was mich dazu gebracht hat, zu kämpfen: um dich und um uns. Wir haben die Rollen getauscht. Und nun? Ich habe es wirklich akzeptiert, dass wir aufgrund der Umstände nicht zusammen sein können, aber irgendwie führen wir ja doch eine Beziehung. Vielleicht denkst du jetzt, dass wir doch nicht zusammen sind, aber ich fühle mich dir näher als je zuvor. Ich spüre es, dass du dich emotional bei mir geborgen fühlst, dass auch du von mir abhängig bist und dass ich dein Zuhause bin – wogegen du ankämpfst. Das funktioniert aber nicht, weil unsere Liebe und dieses magische Band zwischen uns stärker ist.

Seit wir uns getrennt haben, ist schon eine Weile vergangen. Eine Weile, in der ich die komplette Beziehung reflektiert habe. In der ich so viele Erkenntnisse hatte. Du gehst einen Schritt auf mich zu und ziehst dich dann wieder zurück, um nicht zu viel zu wollen und mir nicht zu viele Hoffnungen zu machen. Du reichst mir immer nur einen Finger, aber nie die ganze Hand, aus Angst ich würde sie dir ausreißen und du müsstest dich für ewig binden. Mich haben viele Sachen sehr verletzt und getroffen, die du mir angetan hast, aber ich bin davon überzeugt, dass du vieles vor allem aus Rache und einem Machtkampf, den wir schon immer zwischen uns hatten, heraus gemacht hast. Schließlich habe ja auch ich den Brief geschrieben, in dem ich mit dir abschließen wollte, was ich aber nie können werde. Wozu dann der Brief? Weil ich mich stark fühlen wollte, indem ich dir weh tue und dich verlasse. Emotional. Du hast mein Herz so oft gebrochen und ich womöglich auch deines, dass es wahrscheinlich nie wieder heilen wird. Daraus ist eine sehr starke Hassliebe zwischen uns entstanden, gegen die wir hilflos sind. Wir können nicht miteinander, aber auch nicht ohne.


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