Der Eine. Bei dem einfach alles passt. Gibt es ihn wirklich? Unsere Autorin suchte, zweifelte, wurde überrascht – und enttäuscht. Ein Leserbeitrag
Hätte ich es meiner Mutter gleichgetan, wäre ich zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Jahre verheiratet. Ich bin mit der Illusion aufgewachsen, den einen Mann kennen zu lernen, eben wie sie. Den einen Menschen, der mich durch mein Leben begleitet, mich kennenlernt und meine Entwicklung mitverfolgt. Jetzt sitze ich hier und blicke zurück. Nicht verlobt oder verheiratet, nicht einmal vergeben. Ich blicke zurück. Nicht auf den einen Mann, sondern auf weitaus mehr Männer als ich mir es wohl vorgestellt hätte. Mehr Männer mit weniger Bedeutung.
Meist spielt das Leben nicht so, wie der Traum es vorschlägt. Zumindest mein Leben spielt anders. Definitiv gab es den einen oder anderen Mann, aber nie den Einen. Den einen Mann, der für mich mein bester Freund war; den einen Mann, der diese unglaubliche Anziehungskraft auf mich ausgeübt hat; den einen Mann, dessen Blick ich nicht entweichen wollte; den einen Mann, der mich beschützend in seine Arme schloss; den einen Mann, der mich in eine andere Sphäre des Körperlichen entführte; den einen Mann, der mich stets aufmunterte und zum Lachen brachte; den einen Mann, den ich auch meinen besten Freund nennen durfte; den einen Mann, der aber stets nur der eine Mann für den einen Aspekt war und nicht der Eine für mich. Der Eine für eines, aber nicht der Eine als eine einzige Person.
Was macht das aus mir? Verhalte ich mich arrogant und anmaßend, naiv oder weltfremd, illusionistisch oder romantisch, nach dem Einen für mich zu suchen? Nach einem Ideal, dem letztendlich ich selbst wahrscheinlich auch nicht gerecht werden könnte? Wer sagt mir, dass der Eine, der es in meinen Augen vermeintlich ist, auch in mir die Eine für sich sieht? Wie finde ich heraus, was den Einen für mich ausmacht, was das Wesentliche für mich ist und wo ich Kompromissbereitschaft zeigen sollte? Muss ich erst weitere Erfahrungen sammeln, mehr Enttäuschungen erleben und selbst enttäuschen, um dem Einen näherzukommen? Stelle ich mich einer Reifeprüfung oder einem Prozess der Entwicklung? Wann bin ich bereit und werde ich jemals fündig? Soll ich Punkt für Punkt auf meiner imaginären Checkliste abarbeiten und ihn so rational zu dem Einen für mich machen? Doch ist er dies dann auch emotional? Kann ich mir vorschreiben, was ich zu fühlen habe und geht das gut?
Ich bin irgendwann an den Punkt gekommen, an dem ich dachte, den Einen gefunden zu haben.