Darüber sprechen Männer wirklich in der Umkleide

Macho-Gehabe, Eroberungsgeschichten, schlüpfrige Zoten? Wenn Männer endlich unter sich sind – in der Umkleide beim Sport – sprechen sie über ganz andere Themen, als Frauen vermuten. Gastautor Georg Harrell hat für beziehungsweise zugehört

Es gibt Orte, an denen Frauen nicht zugelassen sind. Das ist beispielsweise so in der Umkleide meines Fitnessstudio. Einzige Ausnahme: Einmal am Tag feudelt eine freundliche Dame den Boden der Umkleide und auch des Nassbereichs. Während die Jungs duschen. Es ist erstaunlich, wie erschreckt erwachsene Männer schauen können, werden sie nackt von einer bekleideten Frau gebeten, doch mal einen Meter zur Seite zu gehen.

Furcht vor Frauen ist zugegeben nicht naheliegend, wenn man über Männergespräche in Umkleidekabinen nachdenkt. Eher vermutet frau Prahlereien über die Erfolge am Wochenende. Das stimmt auch. Vor allem die immerMontag-vielleichtMittwoch-seltenFreitag-Trainierer, die kompensieren die Faulheit an den Hanteln mit Helden-Mythen von der Piste. Wie gut, wie hoch, wie oft und sowas. Wie groß lässt sich in dieser Situation übrigens nicht faken, das Thema wird deshalb ausgespart. Bis vielleicht jemand vorbeikommt, der fraglos kleiner ist. Aber das machen nur wenige. Denn es kommt irgendwann immer jemand vorbei, der größer ist. Und dann war der forsche Spruch schnell ein peinliches Eigentor.

Der Duft von Testosteron? Oder ist es ein billiges Deo?

Worum also geht es beim Lockerroom-Talk? Um jegliche denkbare Form der Selbstdarstellung. Nackte Männer unter sich neigen zum Posen vor dem Spiegel, schließlich muss kontrolliert werden, ob seit dem gerade geprüften Anblick der Bauchmuskulatur im Hantelbereich bis zur Umkleide sich womöglich etwas verändert haben könnte. Männer schlagen sich gern verbal auf die stolz geschwellte Brust, indem sie über den Kite-Ausflug berichten (der ein Jahr her ist, wenn man nachfragt), über das Kampfsport-Training (das abgebrochen werden musste wegen „Rücken“) und natürlich, wie sie dem Chef/Abteilungsleiter/Team so richtig eingeschenkt haben (was besser niemand nachprüfen sollte). All das, um vermeintlichen Konkurrenten zu zeigen: “Mit mir besser nicht anlegen, ich bekomme das Weibchen!” Das ist wohl ein evolutionäres Ding. Schließlich sind weit und breit keine Weibchen da. Und wenn, wie oben beschrieben, dann wird ängstlich weggedreht.

Manchmal spricht man kurz über die Wahl des Deos. Wenn der Nachbar „Eau de Insektentod“ durch die Luft sprüht und irgendwer darauf asthmatisch nach Luft schnappt: „Ey, andere Richtung!“ Gilt ähnlich für die Freunde von Parfümbad statt Dusche. Je schwerer, süßlicher und blumiger, umso häufiger: „Was’n das für’n Zeug?“ Bleibt festzustellen: So richtig gesprächig sind Männer gar nicht.

Es wird dafür überraschend viel gepfiffen in der Umkleide. Mein Vater sagte mal: „Wer pfeift, hat Angst.“ Da könnte was dran sein. Kompensiert wird auch mit Tipps fürs Training. Jeder Mann in der Umkleide hat einen Trainerschein. Für die Lieblingsmannschaft ebenso wie für den Kumpel, der noch etwas mehr Brust machen möchte. Ernährungswissenschaftler sind die meisten. Bei all dem Wissen über Proteine und Kohlenhydrate ist erstaunlich, wie selten Männer in der Küche stehen, liebe Leserinnen. Vielleicht setzen Sie da mal an?

Gelegentlich wird natürlich über die ein oder andere „heiße Braut“ gesprochen, die im Trainingsraum war. Das endet jedoch rasch, wenn deren Kerl am Spint nebenan mithört und sein Missfallen kundtut. Und worüber ganz sicher nicht gesprochen wird: Detailliert über Sex. Nicht, wo man sie am liebsten anfasst, welche Stellung ihr am meisten Freude bereitet und ob sie den Höhepunkt vorgetäuscht hat. Ich will das nicht für jede Mucki-Bude ausschließen, aber wenn dessen Limbostange des Niveaus nicht Bodennähe hat, ist die Umkleide beinahe ein ruhiger Ort. Eben weil die Akustik meist dafür sorgt, dass jedes Wort überall verstanden wird.

Das Grauen sind sowieso nicht die Gespräche oder die wenigen Quatscher und Imponierer, was wirklich peinlich ist, das Allerschlimmste vom Schlimmen, das sind die Schamhaar-Föhner. Womöglich pfeifend. Daran ist so viel falsch.

Mit diesem Bild beende ich den Blick in die Umkleide. Und ich frage mich, worüber sprechen wohl die Mädels nebenan?

 

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