Paarforschung – Partnerschaftsbindung und Bindungsstile

Bindungsstile in der Paarforschung

Bereits Sigmund Freund[1] untersuchte die Bindungstheorie über Bindungsstile in der Paarforschung. Er wies darauf hin, dass die frühe Eltern-Kind-Beziehung ein Prototyp aller späteren Liebesbeziehungen darstellt. Auch der britische Psychoanalytiker John Bowlby[2] bestätigte in seinen Arbeiten, dass die Beziehungserfahrungen mit Bezugspersonen während der Kindheit besonders bedeutsam sind für die spätere Entwicklung. Er entwickelte das Konzept Bindung als ein emotionales Band zwischen zwei Menschen. Dieses Band entsteht aus den beiden korrespondierenden Verhaltenssystemen Bindung und Fürsorge. Diese sind angeboren und sollen das Überleben des Nachwuchses sichern: Babys benötigen Schutz, vorzugsweise durch ihre Eltern. Die Evolution hat nach Bowlby dafür gesorgt, das Kinder Verhaltensweisen zeigen, die die Nähe einer Bezugsperson sicherstellen. Ein Beispiel: Wenn wir uns schlecht fühlen, ängstlich sind oder Hunger haben, weinen wir. Wir rufen nach unseren Eltern, klammern uns an unsere Bezugsperson und folgen ihr, sobald wir dazu in der Lage sind. Im Gegenzug erhält das Kind Fürsorge: frische Windeln, Nahrung und körperliche Nähe. So entsteht ein Bindungsverhalten. Dies ist wichtig, wenn das Kind beginnt, seine Umwelt zu erkunden, denn es braucht einen Rückzugspunkt, an dem es sich sicher und geborgen fühlen kann. Ab dem sechsten bis siebten Lebensmonat hat sich das Kind auf eine Bezugsperson eingelassen, meistens die Mutter, und kann diese auch von anderen Personen gut unterscheiden. Je nachdem wie wir als Kinder diese Bindungen erleben, entwickeln wir Verhaltensstrategien für künftige Beziehungen sowie Erwartungen an diese.

Ohne die Bereitschaft, sich auf eine Beziehung einzulassen und eine gemeinsame Entwicklung zuzulassen, hat eine Partnerschaft dauerhaft keinen Bestand.

Ende der 80er Jahre eröffneten Cindy Hazan und Phillip R. Shaver[3] das Forschungsfeld Partnerschaftsbindung im großen Stil, wobei sie zunächst Forschungen von Bowlby integrierten. Sie klassifizierten ihre Testpersonen in drei Gruppen von Bindungsstilen:

  1. Sichere Personen:
    Menschen, die sowohl positive wie negative Kindheitserfahrungen offen und frei schildern, und die kognitiv und emotional frühere Beziehungserfahrungen verarbeiten können. Sie haben als Kinder die Erfahrung gemacht, dass sie sich tatsächlich auf ihre Bezugsperson verlassen konnten, wenn sie sie oder ihre Unterstützung benötigten.
  2. Unsicher-distanzierende Personen:
    Menschen, die scheinbar unberührt auf emotional belastende Situationen reagieren. Sie messen emotionalen Beziehungen wenig Bedeutung bei und stellen sich selbst als selbstständig und stark dar. Sie haben wiederholte Zurückweisung erlebt und früh versucht, unabhängig von der Bezugsperson mit ihren Gefühlen und ihrer Umwelt klar zu kommen. Spätere Untersuchungen ergaben, dass solche Personen allerdings nicht wirklich gelassen sondern vielmehr alarmiert reagieren und kein Bindungsverhalten zeigen.
  3. Unsicher-präokkupierte Personen:
    Menschen, die Schwierigkeiten haben, die Beziehung zu ihren Eltern umfassend einzuschätzen, aber großen Wert auf Familienzusammenhalt und -Tradition legen. Sie scheinen hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch nach Kontakt und dem Widerstand dagegen, sich auf einen anderen Menschen zu verlassen. Solche Personen neigen dazu, sich ständig der Nähe ihrer Bezugsperson rückzuversichern.

Ein Kind leitet demnach aus den vielfältigen Reaktionen der Bezugsperson den eigenen Wert ab, geliebt und umsorgt zu werden. Daraus entsteht eine modellhafte Vorstellung des eigenen Selbst und der Beziehung zu vertrauten Personen, die alle weiteren Begegnungen und natürlich alle späteren Verbindungen beeinflusst.

 

[1] Sigmund Freud: “Schriften über Liebe und Sexualität”, Fischer 1994

[2] John Bowlby: „Bindung – Eine Analyse der Mutter-Kind-Beziehung“, Fischer, 1980

[3] Cindy Hazan.; & Phililip R. Shaver: “Romantic Love Conceptualized as an Attachment Process. Journal of Personality and Social Psychology”, 1987


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