Liebesformen: Agape – Die Göttliche Liebe
Die christliche Lehre handelt von Liebe. Und warum nicht einmal kurz die wissenschaftliche Ebene verlassen, wo es doch nach mehrheitlicher Meinung von Singles und Menschen in einer Partnerschaft letztlich in einer Beziehung um Liebe geht.
Seine erste Enzyklika nannte Papst Benedikt[1] XVI. „Deus caritas est“, also „Gott ist Liebe“.
Darin bezieht sich das Oberhaupt der katholischen Kirche nicht nur auf altruistische Liebe, sondern durchaus ebenso auf die romantische Liebe. Dass sich die Kirche nicht durch Lustfreundlichkeit hervorgehoben hat, sieht auch er: „Heute wird dem Christentum der Vergangenheit Leibfeindlichkeit vorgeworfen, und Tendenzen in dieser Richtung hat es immer gegeben.“ Damit lässt er Vorwürfe zu, dass Teile der Kirche Falsches lehrten, wenn sie romantische Liebe verdammten, allerdings sieht er in ihr immense Gefahr: „Die Art der Verherrlichung des Leibes, die wir heute erleben, ist trügerisch. Der zum Sex degradierte Eros wird zur Ware, zur Sache, man kann ihn kaufen und verkaufen, ja der Mensch selbst wird dabei zur Ware.“ Und mit einem Hieb auf die Evolutionspsychologen setzt er fort: „In Wirklichkeit stehen wir dabei vor einer Entwürdigung des menschlichen Leibes, der gleichsam ins Biologische zurück gestoßen wird.“
Das Hohelied sammelt erotische Liebes- und Hochzeitslieder. Dieses Buch aus dem Alten Testament ist nach der Überlieferung zur Zeit König Salomons entstanden, möglicherweise aber erst einige Jahrhunderte später nach dem Babylonischen Exil. Auf diese Schriften bezieht sich der Papst, wenn er vorgibt: „Wie muss Liebe gelebt werden, damit sich ihre menschliche und göttliche Vorstellung erfüllt? Hinweise können wir im Hohelied finden.“
In diesen Schriften treffen wir auf zwei Liebesstile, die wir bereits kennen gelernt haben: Eros, die romantische Liebe sowie Agape, die altruistische Liebe. Nach moderner Auslegung unterschiedliche Formen, die jedoch nach Auffassung des katholischen Oberhauptes zusammen gehören:
In Wirklichkeit lassen sich Eros und Agape — aufsteigende und absteigende Liebe — niemals ganz voneinander trennen.
Je mehr beide in unterschiedlichen Dimensionen in der einen Wirklichkeit Liebe in die rechte Einheit miteinander treten, desto mehr verwirklicht sich das wahre Wesen von Liebe überhaupt. Wenn Eros zunächst vor allem verlangend, aufsteigend ist — Faszination durch die große Verheißung des Glücks — so wird er im Zugehen auf den anderen immer weniger nach sich selber fragen, immer mehr das Glück des anderen wollen, immer mehr sich um ihn sorgen, sich schenken, für ihn da sein wollen. Das Moment der Agape tritt in ihn ein, andernfalls verfällt er und verliert auch sein eigenes Wesen. Umgekehrt ist es aber auch dem Menschen unmöglich, einzig in der schenkenden, absteigenden Liebe zu leben. Er kann nicht immer nur geben, er muss auch empfangen. Wer Liebe schenken will, muss selbst mit ihr beschenkt werden.“
Allerdings, und das ist eine wichtige Aussage, kann diese Beziehung nur funktionieren, wenn beide Partner gleichermaßen zu geben und nehmen bereit sind. Wenn ein Partner uns nicht gut tut, dann ist er nicht der Richtige – und dann kann aus anfänglicher Anziehungskraft auch keine Liebe erwachsen. Hier spricht der Papst nicht anders als ein Paartherapeut.
[1] Papst Benedikt XVI.: „ENZYKLIKA DEUS CARITAS EST“, Vatikan, 2005