Unsere Autorin Friederike Schön hat mit Sara Eckel über Singledasein, Partnersuche und ihr Buch gesprochen: “Es liegt nicht an dir! 27 (falsche) Gründe, warum du noch Single bist”
Friederike Schön: Ein Buch, das mit den Vorurteilen über Singles aufräumen soll. Warum, fanden Sie, war das nötig?
Sara Eckel: Weil Singles, vor allen Dingen Single-Frauen, immer wieder mit Ratschlägen bezüglich ihres vermeintlich unvollkommenen Status zu kämpfen haben. Zumindest, wenn sie bis weit ins Erwachsenenalter hinein alleinstehend sind. Ratschläge, die mehr oder minder verdeckte Kritik enthalten. Dinge wie: Du bist zu wählerisch, zu verzweifelt, zu emanzipiert, zu bedürftig, zu negativ, nicht selbstbewusst genug. Und vieles mehr. Diese Sätze werden einem wie eine bittere Medizin in kleinen Schlucken verabreicht, so lange, bis man davon überzeugt ist, dass etwas nicht mit einem stimmt. Dann fragt man sich: Was ist bloß los mit mir, was läuft denn falsch bei mir?
Kennen Sie das selbst aus eigener Erfahrung?
Allerdings. Bevor ich meinen jetzigen Mann kennenlernte, war ich seit fast zehn Jahren ohne Beziehung und ich schämte mich, als er mir die gefürchtete Frage stellte: „Und, wie lange schon Single?“ Ich war zunächst schockstarr, weil es sich für mich anfühlte wie ein Makel. Ich hatte Angst, ich würde ihn damit verschrecken und mich als neurotischen Problemfall outen. Sie wissen schon, beziehungsunfähig, verschroben, zickig, schwierig und so weiter. Bei anderen Dates griff ich daher zu einer Notlüge. In diesem Fall jedoch nicht.
Und wie hat er reagiert, als Sie es ihm gestanden haben?
Er hat mich angesehen und gesagt: “Gut für mich. All die anderen Typen waren Idioten.” Das war’s. Aber bis zu diesem Punkt war es ein weiter Weg. Über Jahre vertrat ich die gängige Meinung, dass man an sich arbeiten muss, um für die Liebe bereit zu sein. Wir sind heute sehr stark in dem Konzept der Selbstwirksamkeit verhaftet – wenn etwas im Leben nicht so läuft, wie wir es uns vorgestellt haben, dann liegt das Problem allein bei uns. Man muss das schon hinbiegen. Und ich war ziemlich gut darin, an mir zu arbeiten. Einiges hat mir persönlich etwas gebracht, aber nicht unbedingt hinsichtlich einer möglichen Partnerschaft, denke ich.
Was haben Sie denn alles angestellt, um in Amors Gunst zu kommen?
Sie kennen sicher diese Sprüche wie: Selbstbewusstsein macht sexy. Also lernte ich in Seminaren, meine Redeangst zu überwinden und nahm Schauspielunterricht, übte mich darin, mich selbst mehr zu lieben. Ich lernte meditieren, Yoga und kochen. Ich befolgte den Rat, mehr unter Leute zu gehen und mein soziales Netzwerk zu erweitern, wie es heute so schön heißt. Also veranstaltete ich Dinnerpartys oder teilte mir im Urlaub ein Haus mit anderen Leuten.
Das klingt wirklich nach Arbeit und Engagement. Was hat es gebracht?
Jede Menge Spaß! Ich hatte wirklich eine gute Zeit und schloss viele neue Freundschaften. Aber eine Beziehung fand ich trotzdem nicht. Weil dieser ganze Aktionismus natürlich schön ablenkt und die ein oder andere neue Fähigkeit mit sich bringt, heißt das nicht, dass die Liebe kommt. Aber ich will das gar nicht klein reden. Nicht die ganze Zeit jammern, sondern die Zeit nutzen und etwas Neues ausprobieren, dazu würde ich schon raten.
Nur der Schlüssel zum Liebesglück ist es nicht. Verraten Sie uns, welcher es ist?
Es schadet nicht, das eigene Leben in die Hand zu nehmen und sich anzustrengen für das, was man erreichen will, aber gefährlich finde ich die Illusion, jedes Ereignis unter Kontrolle zu haben. Findet sich der Ersehnte nicht, dann muss ein schlimmer persönlicher Makel daran schuld sein. Wir sollten damit aufhören, an unseren ,Problemen’ zu arbeiten und uns in Selbstanalysen und Erklärungen für die eigene Situation zu verstricken. Dieses Wenn-ich-erst-die-Frau-bin-die-ich-sein-könnte-Denken macht blind und taub für ein wichtigeres Gefühl: Nachsicht mit sich selbst.
Verbreitet ist ja die Sorge, irgendetwas auszustrahlen, das den potenziellen Partner abschrecken könnte. Zu wenig Selbstvertrauen, geringes Selbstwertgefühl …
… und am Ende kommen wir zu dem Schluss, dass es da etwas in uns gibt, was dringend verändert werden muss. Ein Domino-Effekt: Mit jedem gescheiterten Versuch erweitert man sein falsches, negatives Selbstkonzept. Ich entwickelte für mich irgendwann die These: Wahrscheinlich war ich einfach eine von den Frauen, mit denen man gerne ausging, schlief oder ein paar Bierchen trank, aber niemand, den man je lieben würde.
Es kann auch erleichternd sein, eine Erklärung zu haben, oder?
Sie hält einen beschäftigt. Je mehr Gründe, desto besser, so scheint es einem zumindest. Auch ich dachte, ich müsse erst ,mit mir ins Reine’ kommen und ,meine Blockaden’ lösen, wie mir mal eine Freundin auf dem Höhepunkt meiner Frustration riet. Aber jetzt verrate ich Ihnen eine gute Nachricht: Es ist wissenschaftlich untermauert, dass weder Blockaden noch Neurosen darin hindern, sich glücklich zu verlieben.
Also sollten wir lieber Nachsicht mit unseren Verrücktheiten und Defiziten haben?
Unbedingt. Sie können, nein, Sie werden glücklich, auch wenn Sie die Probleme mit Ihrer Mutter oder mit Ihrem Gewicht nie aufgearbeitet haben. Das einzige Problem, dass Sie haben können, ist die Überzeugung, dass Sie Probleme haben und dass diese Sie von einer glücklichen Beziehung abhalten. Was, wenn der einzige Grund für das eigene Alleinsein darin bestünde, noch nicht den richtigen Partner gefunden zu haben?
Das wäre eine ziemliche Erleichterung. Aber trotzdem: Es gibt ja Frauen, die vielleicht wirklich Bindungsangst haben – oder zu anspruchsvoll sind. Was sagen Sie denen?
Lassen wir ernsthafte Persönlichkeitsstörungen oder Angst vor Intimität mal außen vor. Wer sich selbst gut kennt und nachsichtig mit sich ist – was einschließt, nett mit sich selbst umzugehen – hat Zugang zu dem, was ich innere Weisheit nenne. Was will ich wirklich, was tut mir gut? Vielleicht fühlt sich jemand in Wahrheit einfach wohl und genießt das Singledasein im Moment. Diese Selbsterkenntnis liegt oft verschüttet unter einem Berg von Ratschlägen und Fremdkommentaren. Davon darf man sich nicht verunsichern lassen.
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