Eine Beziehung mit mir selbst – wie wäre das?

Die Paarforschung zeigt: Ähnlichkeit in Beziehungen ist etwas Gutes. Stellen Sie sich mal eine Beziehung mit sich selbst vor – ist das für Sie die perfekte Partnerschaft?

“You should go and love yourself” – wer hätte gedacht, dass Justin Bieber in diesem Leben noch einmal hörbare Musik fabriziert. Auch wenn sein Song eigentlich nicht als freundliche Aufforderung gedacht ist, sich dem Gedankenspiel einer Beziehung mit sich selbst hinzugeben, haben wir das trotzdem mal gemacht.

Könnte ganz gut werden

Ohne die Idee einer Beziehung mit sich selbst als komische Inzestfantasie bis ins letzte durchzudeklinieren – wenn es rein um Charakterzüge, Macken und Persönlichkeitseigenschaften geht, muss ich zugeben, dass das mit mir selbst ziemlich gut funktionieren könnte. Ähnliche Interessen helfen einfach in einer Beziehung. Ich mag es, wenn mein Partner gemeinsam mit mir auf Konzerte geht, weil er die Band genauso super findet wie ich. Oder wir Filme und Serien schauen und darüber diskutieren können. Oder uns schnell einig sind, wohin der nächste Urlaub gehen soll und was wir da unternehmen wollen. Oder man einfach dasselbe Verständnis von Ordnung und Sauberkeit hat. Ich halte mich für ziemlich unkompliziert in Beziehungen, habe kein Eifersuchtsproblem, bin nicht launisch oder sonst irgendwie gestört – die Gefahr, dass ich mir selbst auf die Nerven gehen würde, ist also eher gering. Einzig ein Problem sehe ich: fehlende neue Impulse von außen. Eine Beziehung lebt auch zu einem guten Teil von Unberechenbarkeiten und Überraschungen. Die würde ich wohl vermissen. Und das wäre irgendwann ja auch langweilig.

Jana, 31, seit viereinhalb Jahren in einer Beziehung

Auf keinen Fall!

Eine Beziehung mit mir selbst? Würde ich keinen Tag aushalten. Ich rede selten bis gar nicht über meine Gefühle. Will aber natürlich von meinem Partner erfahren, wie es ihm geht. Da würde es mir tierisch auf den Senkel gehen, wenn ich nichts aus ihm raus bekäme. An mir kann ich meine Macken ertragen. Weil ich gelernt habe, damit umzugehen. Eben aber nur bei mir. Wenn mein Partner so wäre wie ich, wäre ich einfach hochgradig überfordert mit allem. Stimmungsschwankungen. Unentschlossenheit. Pedantismus. Damit komme ich klar. An mir. Aber wenn da noch so jemand ist, der genauso ist … Herrgott. Auf keinen Fall würde ich das ertragen. Einziger Vorteil an einer Beziehung mit mir: die gleichen Vorlieben und Hobbys. Aber generell würde ich direkt aggressiv werden, wenn ich mir gegenübersitzen würde. Ich bin aber auch keine einfache Person. Ich brauche einen Ruhepol. Jemanden, der mich auch mal zwingt, den Abwasch stehenzulassen.

Jan, 26, Single

Naja

Vom Prinzip her finde ich die Idee ja gar nicht so schlecht, wenn man sagt: Ich könnte mir eine Beziehung mit mir selbst vorstellen. Absolut. Man findet sich selbst im Idealfall ja auch ganz gut bis prima und hat sich mit seinen Ecken und Kanten abgefunden. Grundvoraussetzung für eine Beziehung. Aber: Wie langweilig wäre das denn? Wenn man immer wissen würde, was das andere Ich im nächsten Moment tun und fühlen wird, wann es lacht oder weint oder sauer oder glücklich ist. Ich meine: Ich hätte schon einen Riesenspaß mit mir, wenn meine zwei Ichs sich in einer Beziehung ständig über blöde Flachwitze freuen oder sich immer wieder dieselben Folgen der Lieblingsserie in Dauerschleife anschauen würden. Für eine gewisse Zeit hätte ich bestimmt eine sehr sehr gute Zeit mit mir selbst als Partner. Aber auf lange Sicht muss ich einfach ehrlich sein: Mir würde schnell ein Gegenpol finden, ein jemand, der mich herausfordert und stimuliert und überrascht. Und das kann ich bei mir selbst ja selten tun. Also, zweites Ich: Es tut mir leid, aber aus uns beiden wird nichts Festes. Aber lass uns doch Freunde bleiben.

Friederike, 29, seit zweieinhalb Jahren in einer Beziehung

Nicht unanstrengend

Grundsätzlich wäre es ganz schön komisch, diese Frage mit “nein” zu beantworten. Nach all den “Lieben Sie sich selbst, dann werden Sie geliebt”-Artikeln sogar ein großer Fehler. Im Prinzip glaube ich schon, dass es ganz okay ist, mit einem Klon meiner selbst zusammen zu sein − allerdings haben diese Perspektive ja schon meine Vorredner eingenommen. Deswegen versetze ich mich lieber mal in die Lage meines Partners und überlege, wie es wohl für eine andere Person ist, mit mir eine Beziehung zu führen. Mein Partner hat eigentlich relativ viel Spaß mit mir, denn ich bin fast nie schlecht gelaunt und stets bemüht, die Beziehung mit neuen Ideen abwechslungsreich zu gestalten. Wenn mein Gegenüber allerdings ein unpünktlicher Chaot ist, hätte er keine Freude mit mir. Dann kann ich sogar ganz schön anstengend sein. Bei stetigem Zuspätkommen und dauernder Unordnung liegt meine Toleranzgrenze relativ niedrig. Da gäbe es dann nur zwei Möglichkeiten: Entweder er ändert sich oder er verlässt mich.

Anika, 31, seit elf Jahren in einer Beziehung, frisch verheiratet

Lass uns Freunde bleiben

Es hat einige Jahre gebraucht, damit wir gute Freunde wurden, also ich und ich. Dieses Beziehungsmodell funktioniert für uns super. Würde ich keinesfalls ändern wollen. In einer Beziehung suche ich auch Ergänzungen und Unterschiede. Ich bin überzeugt, dass es Paaren hilft, wenn sie möglichst viele Strategien zur Verfügung haben, um auf Veränderungen von innen und außen reagieren zu können. Sind sich die Partner in allen Bereichen gleich, dann potenzieren sich eben nicht nur die Stärken, sondern auch die Schwächen. Damit wäre es bei uns hübsch aufgeräumt – aber keine einzige Lampe würde brennen. Es gäbe täglich asiatisch, wir würden auch am Wochenende Mails lesen und beantworten. Niemand wäre da, der mich beruhigt, wenn die Elefantenherde, die die Wohnung über mir bewohnt, wieder Stampede probt. Wie jeder Mensch zeige ich Verhaltensweisen, die nur in ganz bestimmten, seltenen Situationen eine kluge Idee sind und in allen anderen nicht gut ankommen. Ich bin sehr dankbar, in meiner Beziehung einen Gegenpart gefunden zu haben. Das tut mir gut, uns und ich denke, allen anderen, die mit uns zu tun haben, ebenso.

Eric, 50, seit 13 Jahren in einer Beziehung, davon drei verheiratet

Facettenreich oder kompliziert?!

Bei der Partnerwahl sind mir Ecken und Kanten sehr wichtig. Es gibt nichts langweiligeres als aalglatt und perfekt. Insofern würde ich schon in mein Beuteschema passen. Sei es der beherzte Kopfsprung in Fettnäpfchen oder die Unzufriedenheit mit der einen oder anderen Körperstelle. Genau solche Macken machen den Menschen aus und es wäre spannend diese Macken als Außenstehender an mir zu entdecken. So manches Mal würde ich mich aber schon fragen, ob ich interessant facettenreich oder einfach nur enorm kompliziert und undurchschaubar bin. Als Hamburger Jung brauch ich eine Weile um aufzutauen und verstricke mich zu Beginn der Datingphase in Oberflächlichkeiten und Smalltalk, erwarte aber von meinem Gegenüber, ihn möglichst schnell und intensiv durchschauen zu können. Irgendwie widerspricht sich das. Ein großes Problem, welches ich wohl mit mir hätte, wäre meine Naivität. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich über meine eigene Gutgläubigkeit den Kopf schüttle und als Partner meiner selbst käme ich aus diesem Kopfschütteln wohl gar nicht mehr raus. Unterm Strich würde ich den Versuch mit mir am Ende dann wohl doch wagen. Ausgang: offen.

Kevin, 28, seit rund einem halben Jahr in einer Beziehung

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